52 DOCUMENT 30 NOVEMBER 1896 30. From Marie Winteler Olsberg, d. 30. Nov 1896. Mein lieber lieber Schatz! Endlich endlich hab ich mich gefreut, gefreut, wie es nur Ihre lieben lieben Briefe zu Stande bringen können und Ihr Briefchen hat mich auch wieder ganz gesund gemacht. Aber fürchterlich lang hab ich warten müssen u. hab auch Mama geschrieben, sie mög doch auch schreiben, ob mein Schatzi am Ende krank sei. Was mich angeht, da dürfen Sie nur ganz ruhig sein, lieb Herz, ich bin wieder ganz gesund u. lustig u. kann die 12 Tg. (denn 14 sinds nun nicht mehr) erwarten nach denen ..... oh wie schön! Denken thu ich auch nicht an mich, Schatz, das ist schon wahr, aber nur aus dem Grund, weil ich überhaupt nicht denke, nur wenns gar eine zu dumme Rechnung kommt, wos nöthig ist, daß ich mal zur Abwechslung mehr weiß als meine Schüler,[1] die doch rechte Strohköpferl haben. Und das macht alles die große Glück- seligkeit im Herzen, die macht ganz leichtsinnig, gelt Schatzi, jetzt sind Sie zufrieden mit mir? Daß Sie mir keine Antwort geben wollen, warten Sie Albert, da kriegen Sie dafür eine recht bitterböse Strafe, ich habe jetzt noch 12 Tg Zeit eine ausfinden (und doch bin ich so recht froh, daß Sie mir keine geben wollen u. Sie denken, daß es was Dummes ist, ist das nicht kurios, das ist mir noch viel lieber als eine Antwort u. doch weiß ich nicht warum, ich möchte doch auch wieder gern eine). Mein lieber Schatz das "Ding" daß ich Ihnen das dumme Theetöpferl schicke, braucht Ihnen gar nicht zu gefallen, wenn Sie dann nur guten Thee drauf kochen und dann Schatzi, kriegen Sie nur was Ihnen mein Herz geben kann, gelt, u sonst gar nichts anderes. Sind Sie nun zufrieden u. machen mir kein böses Gesicht mehr hin, das ja aus allen Häuschen des Briefpapieres geguckt hat.- Sie Lieber, arbeiten Sie mir nicht zu viel. Wie manchmal sehn ich mich Ihre liebe müde Stirn ein bischen zu streicheln, wenn ich mir so vorstelle, wie Sie jetzt gewiß ganz müde u. nachdenklich in Ihrem Zimmerchen[2] sitzen, wissen Sie, wie Sies so oft zu Haus thaten. Dann möcht ich zu meinem Schatzi fliegen u sagen, wie so lieb ich Sie hab und alle Arbeitssorgen auf ein Weilchen verbannen. Mein liebes liebes Herz! Wenn die traurige Verbannungszeit da oben ein Ende hat, kommen Mama u. ich einmal nach Zürich um zu sehen wo mein Lieb seine Tage verträumt, ich freu mich so sehr drauf. Dann will ich alles so stellen wies mir gefällt, gelt u. dann sind Sie noch einmal so gern in Ihrem Studierstübchen.-
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