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bisher nicht hat erhalten
können.[3]
Das kann in der Zukunft zu ganz bedeutlichen
Schwierigkeiten führen. Es gibt auf die Dauer keine Dämme, welche einer solchen
wirtschaftlichen Niveau-Differenz standhalten könnten. Für einen theoretischen
National-Ökonomen ist diese Zeit prachtvoll, ebenso für einen Völkerpsycholo-
gen, der alles Menschliche von sich abzustreifen vermocht hätte. Ich freue mich
schrecklich, bis ich wieder zu Euch hinaus fahren kann auf die Insel der relativ Un-
beteiligten, die unter der frohen Devise „Mehr Glück als Verstand“ diesem Sturm-
wetter trotzt. Ich lebe hier etwa wie ein Tropfen Öl im Wasser, wie Sie sich leicht
denken können, der Sie mich
kennen.[4]
Die Verschiedenheit auch in den unausge-
sprochenen Lebensanschauungen trennt Menschen. Der Kontakt wird aber stets
durch das rein Intellektuelle, besonders natürlich die Physik, aufrecht erhalten.
Das Geld werden Sie innerhalb weniger Wochen erhalten, wobei der Kurs aller-
dings ins phantastische zu steigen droht. Ich will aber, solange es irgend angeht,
keine Schulden in der Schweiz machen und auch das Heiratsgut meiner Frau nicht
antasten,[5]
da ich es nicht für ausgeschlossen halte, dass das Geld, was ich jetzt zu
solchen Bedingungen in die Schweiz schicke, noch am vorteilhaftesten angewen-
det ist. Dabei sonnen sich die hiesigen Spiesser in dem hier herrschenden Überfluss
an Geld, den sie als Reichtum interpretieren. Ich erlebe nun die Freude, dass mir
mein Albert nun wieder freundlich zugethan ist. Er hat mir schon zwei ächt kind-
liche und frohe Briefe geschrieben, die mich geradezu beglückt
haben.[6]
Dazu hat
gewiss auch Ihr Einfluss stark beigetragen. Ich ersah aus dem letzten, dass meine
Frau den neuerlichen Rückfall wieder überstanden
hat.[7]
Ich werde Sie nicht mehr
mit vorwitzigen Fragen über das Medizinische langweilen, sondern alles hinneh-
men, wie es kommen mag. Wenn ich Ostern in die Schweiz komme, oder vielleicht
etwas später, will ich mich aber wohl nicht gerade in Zürich aufhalten, weil es sonst
wieder Frau und Kinder verletzend empfinden, wenn ich sie nicht in der Wohnung
besuche. Das beste wird sein, wenn ich mich auf dem Lande in der Nähe von Zü-
rich aufhalte, sodass wir uns öfter sehen
können.[8]
Dann will ich auch, wenn
irgend möglich, Romain Rolland aufsuchen, wenn er den Besuch Fremder nicht lä-
stig
empfindet.[9]
Zum Schreiben bringe ich mich nicht, weil ich merkwürdiger-
weise den richtigen Rank nicht finde. Wissenschaftlich habe ich nichts Besonderes
mehr gemacht, finde aber viel Freude an der begeisterten Aufnahme, welche die
allgemeine Relativitätstheorie bei den Fachgenossen findet, auch in England und
Amerika. In dies Heiligtum dringt kein Krieg und keine menschliche Verblendung.
Ich will nicht eher aus der Schweiz zurückkehren, als bis Sie diese Sache wirklich
in sich haben, soweit dies ohne Mathematik möglich ist.
Seien Sie herzlich gegrüsst von Ihrem
A. Einstein.
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