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Nun fange ich doch an, einen Schrecken zu
bekommen;[6]
wenn man wirklich
einsehen kann, dass der Energiesatz nicht mehr einer plausiblen Formulierung fä-
hig ist, falls die Gravitationsgleichungen vierter Ordnung werden, so scheint mir
das allerdings ein sehr gewichtiges Argument gegen die auf die Spitze getriebene
Nahewirkungslehre.[7]
Du hattest übrigens wieder einmal das Sinnvolle meiner Be-
trachtungen überschätzt: ich war mir nicht bewusst, dass sie die Bedeutung hätten,
ein Energietensor der Gravitation sei entbehrlich. Wenn ich richtig verstehe, käme
meine unbewusste Behauptung nun darauf hinaus, dass die Planetenbewegung ge-
wissermassen nur zufällig Erhaltungssätzen genügt. Sicher ist eben, dass ich mir
dieser Konsequenz meiner Andeutungen nicht bewusst war und auch jetzt den Zu-
sammenhang nicht übersehe.
[Ebenso verstehe ich zwar gut, dass Dir die konsequente Nahewirkungslehre,
vorläufig noch in der Physik unzulässig scheint, weil sie nur eine Erfahrungskon-
sequenz nahe legte und diese offenbar nicht
stimmt;[8]
dagegen verstehe ich gar
nicht, wieso Du meinst, dass sie diese Erfahrungskonsequenz nicht blos nahelege,
sondern fordere. Mich würde es, wie ich schon wiederholt sagte, nicht wundern,
wenn die tatsächliche Konstanz der Elemente zu den unerklärlichen Dingen gehör-
te, die erst mit der Lösung der Quantenfrage verständlich werden mögen—:—so-
dass dann die auf der Konstanz der Elemente beruhende logisch inkonsequentere
Theorie im tieferem Sinne doch ein Irrweg wäre. Ich habe Dir auch schon wieder-
holt zugegeben, dass der eigentliche Physiker sich durch „Hypothesen“ von so win-
diger Art, wie diese von mir, gar nichts vormachen lassen darf. So windig Machs
Zuversicht vor deiner Theorie der Gravitation war—und wenn möglich noch win-
diger!—ist meine Zuversicht.
Ob ich überhaupt diese Zuversicht werde festhalten können, wenn ich einmal
Deine Betrachtung (aus deinem mir vorliegenden Brief) über die Energiefrage ver-
standen haben werde, muss ich natürlich
abwarten.][9]
—Über die Frage nach dem Gegensatz von Vergangenheit und Zukunft, möchte
ich Dich fragen: würdest Du es vielleicht wagen, die „Tatsache“ dass wir uns in ei-
ner Zeit von zunehmender Entropie befinden, bezw. zu befinden scheinen, als auf
der Definition des Zeitablaufes beruhend zu betrachten? Mir scheint diese Auffas-
sung eine unabweisliche Folgerung aus Deiner Ansicht zu sein, dass alle zeitliche
Einseitigkeit auf Ordnung beruhe. Die zunächst allerdings frappierende Berufung
auf die Erfahrung des thermischen Gleichgewichts erscheint mir jetzt seit einiger
Zeit eben als eine im tieferen Sinne unberechtigte Extrapolation; diese Auffassung
von den radioaktiven
Erscheinungen[10]
scheint mir als Arbeitshypothese noch im-
mer sehr wertvoll, aber wir glauben eigentlich beide nicht daran.—
—Übrigens: was hat dein -Glied für einen Einfluss auf die Strahlung? gibt es
etwa, parallel zu der Absorption der Gravitationskraftlinien, auch eine Absorption
der Strahlungsenergie?
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