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selbst immer dringender das Bedürfnis empfand, zu einer inneren Klärung über
diese Fragen zu gelangen. Wie immer Ihr Urteil ausfallen wird, so wird durch das-
selbe diese Klärung in jedem Falle wesentlich gefördert werden.
Ich bin mit dem Ausdruck meines Dankes und meiner aufrichtigsten Verehrung
Ihr sehr ergebener
Ernst Cassirer
ALS. [8 385]. Written on printed personal letterhead.
[1]Ernst Cassirer (1874–1945) was Professor of Philosophy at the University of Hamburg.
[2]Einstein began his trip to the Netherlands sometime after 4 May, when he was still in Berlin (see
Doc. 6), and before arriving in Utrecht on 6 May (see Doc. 7).
[3]The manuscript was published as Cassirer 1921. In its preface, Cassirer thanked Einstein for
critical comments on his manuscript; see also Doc. 44.
12. From Moritz Schlick
Rostock, Orléans-Str. 23, 10. 5. 20.
Lieber, verehrtester Herr Professor,
Heute Morgen erhielt ich einige Exemplare der englischen Ausgabe von „Raum
und
Zeit“.[1]
Vermutlich hat der Übersetzer auch Ihnen einen Abdruck geschickt
oder tut es
noch;[2]
sollte es aber nicht der Fall sein, so bitte ich Sie, es mich freund-
lichst wissen zu lassen—ich will Ihnen dann herzlich gerne eins von meinen Ex-
emplaren zusenden. Die Übersetzung präsentiert sich infolge der Friedens-Ausstat-
tung viel schöner als das
Original.[3]
Durch eine kleine Indiskretion habe ich erfahren, dass von Giessen eine Anfrage
über meine Persönlichkeit hierher gelangt ist. Es handelt sich offenbar um den
Lehrstuhl, den Medicus einnehmen
sollte.[4]
Ich glaube nicht, dass viel Aussicht
für mich besteht, an eine günstige Stelle der Liste gesetzt zu werden. Aber jeden-
falls geht aus der Sache hervor, dass Medicus sich endgültig entschlossen haben
muss, in Zürich zu
bleiben.[5]
Dort muss es schön werden, nachdem Debye den Zü-
richer Ruf angenommen
hat.[6]
Hier hat das Sommersemester unter erfreulicher Beteiligung der Studenten an-
gefangen, aber der Lehrkörper wird von Zuckungen erschüttert, eine Folge des
Märzputsches, bei dem, wie es scheint, einige sich ver“Kappt”
haben.[7]
Ich bitte um Empfehlungen an Ihre Frau Gemahlin und bleibe mit den herzlich-
sten Grüßen und Wünschen für Ihre Gesundheit, denen auch Frau und Kinder sich
anschliessen,
Ihr dankbarer
M. Schlick
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