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Erlaubnis bitten, Ihnen die Arbeit zu widmen. Sie wissen, dass es meine Absicht
ist, mit dieser Arbeit die philosophischen Konsequenzen der Theorie aufzuzeigen,
und darzustellen, welche grossen Entdeckungen Ihre physikalische Theorie für die
Erkenntnistheorie gebracht hat. Wenn ich Ihren Namen der Schrift voransetze, so
möchte ich damit zum Ausdruck bringen, welchen grossen Dank Ihnen gerade die
Philosophie schuldig ist. Ich weiss sehr wohl, dass die wenigsten der beamteten
Philosophen eine Ahnung davon haben, dass mit Ihrer Theorie eine philosophische
Tat getan ist, und dass in Ihren physikalischen Begriffsbildungen mehr Philosophie
enthalten ist, als in allen vielbändigen Werken der Epigonen des grossen Kant. Er-
lauben Sie daher mir, der den Versuch gemacht hat, die tiefe Einsicht der Kanti-
schen Philosophie von ihrem zeitgenössischen Beiwerk zu befreien und mit Ihren
Entdeckungen in einem System zu vereinen, Ihnen diesen Dank zum Ausdruck zu
bringen.
Ich möchte Ihnen aber mit dieser Widmung auch noch meinen ganz persönli-
chen Dank darbringen, den ich Ihnen schuldig bin. Denn ich durfte aus Ihrem Mun-
de die tiefsten Erkenntnisse erfahren, die ich in der Physik gefunden habe, und ich
werde nie den grossen geistigen Einfluss vergessen, den Sie auf meine wissen-
schaftliche Arbeit und besonders diese Schrift ausgeübt
haben.[2]
Ich bin in herzlicher Ergebenheit Ihr
Hans Reichenbach
ALS (PPiU, Hans Reichenbach Collection, HR015-52-03). [20 076]. An undated draft is also avai-
lable [73 236].
[1]Reichenbach 1920. Freundlich 1916 contains ninety-six pages.
[2]Reichenbach attended Einstein’s course on “Relativitätstheorie” held in summer semester 1919.
For Einstein’s own notes of this course, see Vol. 7, Doc. 19; for Reichenbach’s course notes of these
lectures, see PPiU, Hans Reichenbach Collection, HR-028-01-04, HR-028-01-03, HR-028-01-01.
58. From Ernst Cassirer
Hamburg, Blumenstr. 26, 16/VI 20
Hochverehrter Herr Kollege.
Nehmen Sie meinen herzlichen Dank für Ihren Brief und für die grosse Mühe,
der Sie sich mit dem eingehenden Studium meines Manuskripts unterzogen ha-
ben.[1]
Es ist mir von höchstem Wert gewesen, nunmehr von Ihnen selbst zu wissen,
daß ich die Relativitätstheorie wenigstens ihrem mathematischen und physikali-
schen Inhalt nach im wesentlichen richtig aufgefasst und wiedergegeben habe. Was
Ihre Kritik an einzelnen erkenntnistheoretischen Folgerungen, die ich aus ihr gezo-
gen, betrifft, so brauche ich nicht zu sagen, daß sie mir gleichfalls ausserordentlich
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