290 DOCUMENT 100 APRIL 1901 Zeilen an Sie zu richten & erlaube mir noch beizufügen, daß mein Sohn von meinem ungewöhnlichen Schritte keine Ahnung hat. Ich verharre, hochgeehrter Herr Professor, mit vorzüglicher Hochachtung ergebenst Hermann Einstein ALS (GyBAW, Nachlass W. Ostwald 677/1). [1] Einstein 1901. 100. To Marcel Grossmann Mailand den 14. April. [1901][1] Lieber Marcel! Als ich gestern Deinen Brief fand, war ich wirklich gerührt über Deine Treue und Menschenfreundlichkeit, die Dich an Deinen alten Freund und Pechvogel noch nicht hat vergessen lassen. Ich glaube wirklich, daß nicht so leicht einer bessere Kollegen gehabt hat wie ich in Dir und Ehrat. Ich brauche Dir wohl kaum zu sagen, daß ich glücklich wäre, wenn ich einen so schönen Wirkungskreis erhalten könnte, und daß ich alles aufbieten würde, um Eurer Empfehlung keine Unehre zu machen.[2] Seit drei Wochen bin ich hier bei meinen Eltern, um von hier aus eine Stelle als Assistent in einer Universität zu suchen. Ich hätte auch längst eine solche gefunden, wenn Weber nicht ein falsches Spiel gegen mich spielte.[3] Trotzdem lasse ich kein Mittel unversucht und laß mir auch den Humor nicht verderben ..... Gott schuf den Esel und gab ihm ein dickes Fell. Wir haben hier den herrlichsten Frühling, und die ganze Welt hier lacht einen so glücklich an, daß man ganz von selbst den alten Hypochonder abstreift. Zudem schützen mich hier musikalische Bekannte vor dem Versauern.[4] In wissenschaftlicher Beziehung sind mir ein paar herrliche Ideen in den Kopf gekommen, die nur noch gehörig ausgebrütet werden müssen. Ich glaube nun sicher, daß meine Theorie der Attraktionskräfte der Atome auch auf Gase ausgedehnt werden kann, und daß die charakteristischen Kon- stanten für fast alle Elemente ohne erhebliche Schwierigkeit zu ermitteln sein werden.[5] Dann wird auch die Frage nach der innern Verwandtschaft der Molekularkräfte mit den Newtonschen Fernkräften ihrer Entscheidung um einen großen Schritt näher rücken.[6] Vielleicht werden die schon von andern zu andern Zwecken angestellten Untersuchungen zur Prüfung der Theorie hinreichen.[7] In diesem Fall werde ich dann alles bis jetzt Erreichte über molekulare Anziehung zur Doktordissertation verwenden. Es ist ein herrliches Gefühl, die Einheitlichkeit eines Komplexes von Erscheinungen zu erkennen,
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