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dilation in special and general relativity is analogously merely a consequence of measuring the same
interval with different units of time. For a discussion of this point, see the exchange between Guil-
laume and Arthur S. Eddington in the pages of The Observatory (Guillaume 1920c, Eddington 1920b,
and Guillaume 1920d).
72. From Joseph Petzoldt[1]
Spandau, Wröhmännerstr. 6., 6. 7. 20.
Hochverehrter und lieber Herr Professor!
Schon seit langer Zeit hege ich den sehnlichen Wunsch, doch öfter einmal mit
Ihnen über die erkenntnistheoretische Seite der Relativitätstheorie, die mir außer-
ordentlich am Herzen liegt, diskutieren zu können. Ich habe nur nicht gewagt, das
auszusprechen, weil ich fürchtete, Sie, an dessen Zeit doch wahrscheinlich von
sehr vielen Seiten her hohe Anforderungen gestellt werden, damit zu belästigen.
Nun werden aber die erkenntnistheoretischen Fragen immer dringender und bedür-
fen der Klärung immer mehr. Das konnte ich bei der Tagung der Kant-gesellschaft
in Halle sehen, zu der ich auf Vaihingers und Kraus’ Einladung
ging.[2]
Die dorti-
gen Philosophen waren sich noch gar nicht einmal über die experimentellen Grund-
lagen der Theorie
klar.[3]
Ferner äußerte dort Herr Riese mir gegenüber, daß Sie ge-
wiß geneigt sein würden, gelegentlich mit philosophisch interessierten Relativitäts-
theoretikern zu diskutieren. Außerdem ist jetzt der junge Dr.
Winternitz[4]
aus Prag
hierher gekommen, der ebenfalls das lebendigste Interesse für die Sache hat. End-
lich meine ich, daß wir auch in der Zeitschrift für Physik (mit besonderer Vorsicht
und strenger Zensur) die Zulassung erkenntnistheoretischer Arbeiten als gleichbe-
rechtigter erstreben müßten. Wegen dieses Punktes habe ich bereits mit Herrn Ge-
heimrat
Scheel[5]
gesprochen, der sich nach Ihrer Rückkehr deswegen auch mit Ih-
nen in Verbindung setzen möchte.
Wie notwendig das alles ist, geht z. B. aus der Arbeit Helge
Holsts[6]
hervor, die
Sie wohl schon kennen. Sie will die Relth. auf die Stufe einer Rechenhilfe hinab-
drücken, und ähnliche Bestrebungen zeigten sich in Halle. Ich bin dagegen aufge-
treten. Außer dem Artikel über Holst, den ich hier beilege, wird in den „Annalen“
der Kantgesellschaft noch ein ausführlicherer über Holsts Arbeiten
erscheinen.[7]
Wenn ich Ihnen auch in dem Punkte der Endlichkeitsfrage der Welt nicht bei-
pflichten
kann,[8]
so werden Sie doch sehen, daß ich nach wie vor in allem Wesent-
liche[n] auf dem Boden der Relativitätstheorie stehe. Ich habe das auch soeben
wieder bei der Herausgabe der neuen Auflage von Machs Mechanik entschieden
zum Ausdruck
gebracht.[9]
Eine volle Klärung aller Fragen wird aber nur möglich
sein, wen[n] Physiker und Philosophen sie zusammen erörtern. Herr v. Laue u. a.
werden gewiß ebenfalls bereit
sein.[10]
Wenn Sie also geneigt wären, einmal in eini-
gen Wochen (ich verreise voraussichtlich bis Anfang August) zu einer solchen Zu-
sammenkunft aufzufordern, würden Sie ein sehr gutes Werk tun.
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