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wage kaum daran zu denken. Man würde es für Deutschland (so komisch dies bei
nüchterner Betrachtung ist) als Blamage buchen, wenn ich weg
ginge.[3]
Nun werde ich allerdings von alldeutschen Blättern und Professoren unablässig
beschimpft.[4]
Aber dies geniert mich nicht, weil es zur „hohen Politik“
gehört.[5]
Umso freundschaftlicher sind meine engeren Kollegen hier und meine jüdischen
Freunde. Ich habe erst hier das Gefühl schmerzlicher Vereinsamung verloren, unter
dem ich in Bern und Zürich immer litt. Also kurz: ich bringe mich nicht fort, mag
es auch dumm und unpraktisch sein!
Wenn ich morgen Früh ohne mein Zuthun in Zürich wäre und in der Früh zu
Ihnem aufs Institut käme, dann wäre ich gewiss zufrieden. Aber hier weg gehen
kann ich nicht.... Ich sehe Sie lachen, aber nicht boshaft sondern gutmütig, wie es
Ihre Art ist.
Hoffentlich kann ich im nächsten Jahr wieder nach Zürich kommen (nur so zum
Vergnügen) Einstweilen grüsst Sie herzlich Ihr
Einstein.
Freundliche Grüsse an Ihre Frau und die Kinder, auch von meiner Frau.
ALS. [75 599].
[1]This letter is a response to Doc. 192.
[2]Following the events in the Berlin Philharmonic Hall (see Doc. 111), Einstein received numer-
ous letters urging him not to leave Germany; among the correspondents were Konrad Haenisch
(Doc. 135), Max Planck (Doc. 133), and Arnold Sommerfeld (Doc. 131).
[3]Other correspondents, writing after the events in the Berlin Philharmonic Hall, expressed this
view (see, e.g., P. Havel to Einstein, 28 August 1920, in Calendar).
[4]Possibly a reference to Philipp Lenard and Ernst Gehrcke (see Docs. 111 and 154). See also, e.g.,
the Deutsche Zeitung (Weyland 1920d, Riem 1920a) or the Neue Preussische Kreuz-Zeitung (Riem
1920b).
[5]See Doc. 148 for an earlier allusion to the connection between political persuasion and anti-
relativity feelings.
212. From Hans Albert Einstein
Zürich. 28.XI.20
Lieber Papa!
Wie geht es Dir? Wir haben vor kurzem das langersehnte Geld
bekommen.[1]
In
unserer Kasse war nota bene noch 10. Fr.
Wir danken Dir schön dafür. Du schreibst auch, wir sollen nach Deutschland
kommen[2]
Nun, wir haben es besprochen und auch Zürchers um Rat
gefragt[3]
und
sind halt zu dem Schlusse gekommen, dass es unverantwortlich wäre, wenn ich die
Schule jetzt unterbrechen müsste. da ich auf alle Fälle mindestens ein Jahr verlieren
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