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längst einmal hier haben, in der Physikalischen Gesellschaft und in der Universität
überhaupt. Ja wir meinen sogar, dass wir ein grösseres Recht auf Sie haben, als an-
dere Orte, weil Ihr Relativitäts-Evangelium hier früher und fester gewurzelt hat wie
anderwärts.[2]
Dazu kommt, dass Herr Dr. Anschütz mich beauftragt hat, Sie ein-
zuladen, sein Gast zu
sein.[3]
Sie werden also hier besonders angenehme Tage ver-
bringen—das Münchener Anschütz-Haus ist ein Kunsttempel sonder Gleichen!—
Ich möchte Sie bitten am Freitag den 14. I hier im Auditorium Maximum
„allgemeinverständlich“ vorzutragen. Zuhörer: 1. Physikal. Gesellschaft u. Collo-
quium. 2. Die Specialinteressenten der Physik- und Philosophie-Studenten 3.
Sämtliche Docenten der Universität. 4. Der hiesige Ingenieurverein (dem ich sonst
selbst einen Vortrag halten müsste, wovor ich mich gern drücke) 5. Etwa 500 Stu-
denten, im Ganzen 1200 Sitz- und Stehplätze.
Wir würden, um den Andrang zu beschränken, eine Eintrittsgebühr zum Wohle
des Studentenhauses (Unterstützungsverein) erheben. Sie selbst würden 1000 M
aus Stiftungsmitteln als Reiseentschädigung erhalten (also nicht aus den Eintritts-
geldern); wenn Ihre Finanzverhältnisse schlecht sind, wie ich vermute, könnten wir
auch höher gehn.
Gestern habe ich mit dem Allgemeinen Studenten-Ausschuß in Gegenwart des
Rektors gesprochen. Der Ausschuß begrüsst eine Gastvorlesung von Ihnen freudig.
Wenn Sie es vorziehen könnten wie auch zwei solche Vorlesungen an aufeinander-
folgenden Tagen, etwa am 13. und 14. veranstalten. Zeit am besten bis etwa 7½.
Nach der Vorlesung will Anschütz die Fakultät zu sich einladen.
Nun könnte ich mir denken, dass Ihnen die populären Vorlesungen allmählich
zum Halse herauskommen könnten. Aber ich hoffe doch, Sie werden München
nicht schlechter behandeln als andere Orte. Der Studentenschaft wegen wäre mir
gerade eine populäre Vorlesung am liebsten. Sollte Ihre Abneigung aber zu gross
sein, so sind wir natürlich auch für einen Fachvortrag im engeren Kreise des Col-
loquiums dankbar. Diesen könnten wir allerdings kaum so hoch honorieren (etwa
nur mit 500 M).
Erfreuen Sie mich durch eine schnelle Zusage, womöglich noch vor Weihnach-
ten. Ich habe noch viel vorzubereiten. Sie werden auch etwas sehr Interessantes
über den Einstein–de Haas-Effekt von Herzfeld zu hören bekommen (Erklärung
des Faktors
½!!).[4]
Grüssen Sie Ihre Frau, der ich bestens für ihre Karte vom November danke. Ich
rechne darauf, dass sie unsere Wünsche nicht durch Abraten durchkreuzt.
Meinen Relat-Artikel in den Süddeutschen Monatsheften haben Sie vermutlich
nicht gelesen; wenn doch, haben Sie mir hoffentlich meine Indiskretion (Mitteilung
von Briefstellen), nicht
verübelt.[5]
Der Styl brachte sie mit sich. Ihr
A. Sommerfeld
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