DOCUMENT 153 MAY 1909 177 Das Problem bleibt noch immer äusserst schwierig. Ein Gedanke, wenn auch ein ziemlich verzweifelter, ist allerdings bei mir aufgekommen. Die ein- fachste Erklärung, die man dafür geben kann, dass der Äther in dem betrach- teten abgeschlossenen Raum, nicht die Energiemenge erhält, welche der Jeans'schen Gleichung entspricht, besteht in der Annahme, dass nicht alle Freiheitsgrade, die nach der gewöhnlichen Berechnung möglich wären, wirk- lich im Spiel sind. Man könnte sich nun denken, dass alle Freiheitsgrade in Gruppen eingeteilt sind, derart, dass diejenigen, welche zu einer und dersel- ben Gruppe gehören, fest miteinander gekoppelt sind, und also nur für einen Freiheitsgrad zählen. In ähnlicher Weise kann man annehmen (in der Theorie der spez. Wärme) dass die beiden Atome eines Sauerstoffmoleküls z. B. ganz fest zu einem Rotationskörper miteinander verbunden sind. Natürlich kann man in diesem Gedankengange, unter Aufrechterhaltung des Prinzips der "equipartition of energy", jede beliebige Strahlungsformel erhalten, wenn man nur die Grenzen der genannten Gruppen in geeigneter Weise wählt. Es ist mir aber auch entfernt nicht gelungen, den Gedanken in einigermassen plausibeler Weise auszuarbeiten. Befriedigend wäre es, wenn sich auf diesem Wege etwas machen liesse, dass man bei Annahme der genannten Koppelun- gen an den Maxwell'schen Gleichungen nichts zu ändern hätte. Wie mir scheint wäre im Prinzip auch nichts dagegen, dass man, um zu der richtigen Strahlungsformel zu gelangen, die Grenzen der Gruppen um so enger ziehen müsste, je grösser der mit Äther gefüllte Raum, und je grösser die Energie- dichte wäre. Man kann sich wohl denken, dass die Bewegungsfreiheit des Äthers gleichsam um so mehr zur Entfaltung kommt, je grösseren Raum er einnimmt, und dass bei Steigerung der Bewegungen vorher bestehende Ver- bindungen oder Koppelungen gelöst werden. Diese letztere Überlegung zeigt, dass die Vorstellung dieser Koppelungen im Grunde nicht so weit von der Hypothese der Energieelemente verschieden ist. Gesetzt, es gebe zwei Freiheitsgrade A und B, die aber zunächst fest mit- einander gekoppelt sind. Dann zählen sie nur für einen Freiheitsgrad und er- halten also die Energiemenge e, welche nach dem Prinzip der gleichmässigen Verteilung jedem solchen zukommt. Man kann sich jetzt denken, dass sobald durch Steigerung der Temperatur die Menge 8 einen bestimmten Wert e0 er- reicht, die Koppelung zwischen A und B gelöst wird. Dann erhalten A und B zusammen 2e0, und es kommt also so ziemlich auf dasselbe hinaus als wenn B entweder gar nichts oder e0 erhielte. Man kann auch versuchen, wie Sie es besprechen, die Grundgleichungen für den Äther in geeigneter Weise zu ändern. Was ich in dieser Richtung ver- sucht habe, hatte sehr unbefriedigenden Erfolg sobald man das Geringste an
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