192 DOCUMENT 163 MAY 1909 163. To Hendrik A. Lorentz Bern 23. Mai 09. Hoch geehrter Herr! Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr mich Ihr ausführliches Schrei- ben[1] gefreut hat, und wie gerne ich mich immer wieder mit Ihren klaren, schönen Ausführungen beschäftige. Es ist nur fast schade, dass nicht alle, die sich um diese Sache bemühen, den Brief zu lesen bekommen. Was zunächst den Einwand von Van der Vaals[2] anbelangt, so scheint er auch nach meiner Meinung keinen Punkt von wesentlicher Bedeutung zu be- rühren, da ja der Energieaustausch zwischen Materie und Hohlraum wohl stets zu der nämlichen Strahlungsverteilung führen wird,[3] gleichviel ob dieser Austausch durch Elektronen oder ponderable Ionen vermittelt wird. Zu allem Überfluss haben Sie ja noch, wie Sie mir mitteilen, diesen kleinen Übelstand durch eine kleine Abänderung Ihres Beweisganges vermieden. Nun kommt ein Punkt in Ihrem Briefe, bezüglich dessen unsere Meinun- gen, wie es scheint, nicht ganz übereinstimmen. Sie empfinden es als eine Schwierigkeit, dass nach der Planck'schen Betrachtungsweise der Strah- lungszustand im Aether verschieden ausfällt, je nachdem der Energieaus- tausch durch Resonatoren oder durch freie Elektronen vermittelt wird. Ich betrachte nun diese Sache insofern anders, als die Planck'sche Betrachtung nach meiner Ansicht in letzterem Falle überhaupt versagt. Indem Herr Planck die Quanten hv einführt, kommt er zu sta[ti]stischen Gesetzen für die Reso- natoren, welche mit den jetzigen theoretischen Grundlagen der Theorie nicht vereinbar sind. Er verzichtet also damit (implizite) auf die konsequente An- wendung von Elektromagnetik und Molekularmechanik. Verlässt man aber unsere theoretischen Grundlagen bei Betrachtung der Resonatoren, so muss man sie auch für die freien Elektronen verlassen, womit Ihrem Beweise des Jeans'schen Gesetzes auch für diesen Fall die Basis entzogen wird.[4] Die Schwierigkeit liegt für mich nur darin, dass die Planck'sche Grundlage (Ein- führung der hv-Quanten) sich nicht auf die elementare Grundlage der Theorie bezieht, sondern nur auf den Spezialfall monochromatisch schwingender Ge- bilde. Wir wissen daher nicht, und können vor der Hand nicht ableiten, was für elektrische und mechanische Grund[ge]setze wir für das freie Elektron und den leeren Raum einführen müssen, um mit Plancks Theorie in Einklang zu bleiben. Es scheint mir also kein Widerspruch vorzuliegen, sondern nur die Schwierigkeit einer Verallgemeinerung von Planck's Betrachtungs- weise.-
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