DOCUMENT 197 JANUARY 1910 229 Schirmöffnung. Besitzt die Platte P die Eigenschaft, Scherben von Röntgen- kugelwellen sparsam aufzuspeichern, bis sie in der Lage ist, eines von ihren Elektronenkindern derart würdig mit Energie auszustatten, dass es seine Rei- se durch den Raum mit der seiner Röntgengeburt zukommenden Vehemenz ausführen kann?[6] Welcher Advokat ist der Spitzbube[?] Ich glaube, dass wie vor der Relati- vitätstheorie auch hier wieder ein Vorurteil der Ursprung der Schwierigkeiten ist. Ein derartiges Vorurteil, von dem ich aber nicht weiss, ob es wesentlich ist, kenne ich. Es ist nämlich die Lokalisation, welche wir der elektromagne- tischen Energie in der Maxwell'schen Theorie geben, eine ganz willkürli- che [7] bis jetzt h[a]t mir diese Erkenntnis aber zur Aufklärung der Frage we- nig genützt. Oder ist vielleicht das Elektron nicht als ein so einfaches Gebilde aufzufassen, wie wir glauben? Was denkt man nicht alles zusammen in der Verlegenheit? Jetzt zu dem anderen Schmerzenskind, dem starren Körper.[8] Mit diesem beschäftige ich mich wenig. Es scheint mir nämlich, dass die Erfahrungsda- t[e]n nicht hinreichen, um die Theorie beliebig beschleunigter Körper auf- zustellen. Wenn der Fizeau'sche Versuch und die Messungen über die Vakuum-Lichtgeschwindigkeit nicht vorlägen, hätte das Material für die Auf- stellung der Relativitätstheorie gefehlt so ähnlich aber stehen wir nach mei- ner Meinung da der Beschleunigung gegenüber. N[ur] über unendlich lang- sam beschleunigte Systeme lässt sich nach meiner Meinung jetzt etwas aussagen. Immerhin sollte man versuchen Hypothesen über das Verhalten starrer Körper zu ersinnen, welche eine gleichmässige Rotation ermöglichen. Ich habe jetzt wenig Zeit, weil mich mein neues Amt mehr in Anspruch nimmt als ich dachte [9] mein schlechtes Gedächtnis ist daran schuld, sowie der Umstand, dass ich mich bis jetzt nur so als Dilettant mit meine[m] Fach beschäftigte. Es grüsst Sie von Herzen Ihr ganz ergebener A. Einstein Moussonstr. 12. P.S. Was Sie mir in Ihrem Briefe über die Konstitution der durch Bremsung entstehenden Röntgenstrahlung sagen, bedeutet, soweit ich sehe, einen Ver- zic[h]t auf die elektromagnetische Erklärung der räumlichen Intensitätsver- teilung der Röntgenstrahlung, die Sie in Ihrer schönen Abh. im Dezember (phys. Zeitschr) gegeben haben.[10] Abgesehen von diesem Verzicht kann die- se Auffassung nach meiner Meinung nur dann befriedigen, wenn eine derar-
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