DOCUMENT 5 JANUARY 1903 11 here Buchhalter meines sel. Papas hat es dem guten Mädel plausibel zu ma- chen gewußt, daß sie die moralische Verpflichtung habe, ihm einen großen Teil ihres Gehaltes zu geben, trotzdem dem Menschen sonst schon sein Recht widerfahren ist.[7] Wahrscheinlich hat er ihr in einer schwachen Stunde ein Versprechen abgenötigt, an das sie sich jetzt gebunden glaubt. Solche Ro- mantik ist ja sehr nett, aber schrecklich unpraktisch. Es wäre besser, sie be- nützte ihr Geld, um sich allerlei hübschen Tand zu kaufen oder sonst was, was junge Mädeln freuen kann, denn man ist nur einmal jung. Ich bitte Dich also ganz einfach, ihr das Geld nicht zu geben, wenn sie bei ihrem Willen beharrt. Wahrscheinlich wird ihr im Grunde ihres Herzens, tief in dem Kämmerlein des Unbewußten natürlich, solcher Zwang gar nicht so unangenehm sein, wenn sie sich auch ein bischen sträubt. Ich wußte von der ganzen Sache bis heute nichts, wo es mir Mama ganz zufällig mitteilte, zu meinem nicht gerin- gen Ergötzen. Ich habe jenen Menschen schon auf einigen Lügen ertappt und bin überzeugt, daß er nicht wenig in Bewegung gesetzt hat, um Maya Sand in die Augen zu streuen. Bei mir hat ers auch probiert, ohne ein Wort von Maya zu erwähnen. Aber die ganze Sache ist höchst lustig und hat mich sehr er- götzt, Gott verzeih mirs, ich bin halt ein bisserl nüchtern und hartgesotten. Also nicht wahr, Du machst dieser Sache ein Ende, auch wenn sie ein bischen brummt. Ich hab mich nun neuerdings entschlossen, unter die Privatdozenten zu ge- hen, vorausgesetzt nämlich, daß ichs durchsetzen kann. Den Doktor werde ich hingegen nicht machen, da mir das doch wenig hilft und die ganze Komö- die mir langweilig geworden ist.[8] In der nächsten Zeit will ich mich mit den Molekularkräften in Gasen abgeben,[9] und dann umfassende Studien in Elek- tronentheorie machen. Gegenwärtig studiere ich in der organischen Chemie von Richter,[10] welche Dir auszuführen ich das Vergnügen hatte. Sei mit den lieben Deinen[11] recht herzlich gegrüßt und schreib bald wie- der Deinem Albert. Entschuldige die schlechte Schrift. Ich schrieb liegend. ALS (SzGB). Einstein/Besso 1972, 01. [7 053]. [1]Dated by the reference to Einstein's paper. [2]Besso (1873-1955) was a friend from the period when Einstein attended the ETH (see Vol. 1, Biography, pp. 378-379). [3]Einstein married Mileva Marie on 6 January (see the preceding document). [4]Einstein 1903 (Vol. 2, Doc. 4), which was received 26 January by the Annalen der Physik. See Vol. 2, the editorial note, "Einstein on the Foundations of Statistical Physics," pp. 51-53, for a discussion. [5]A diminutive form for Mileva (see, e.g., Mileva Marie to Helene Savid, 11 December 1900 (Vol. 1, Doc. 83)).
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