568 DOCUMENT 484 NOVEMBER 1913 484. To Paul Ehrenfest [Zurich, second half of November1913][1] Lieber Ehrenfest! Entschuldigen Sie meine hässliche Schweigsamkeit. Nehmen Sie zuerst meinen besten Dank für Ihre Gratu[la]tion zu meiner Verberlinerung.[2] Ich nahm diese kuriose Sinekure an, weil mir das Kolleghalten so kurios auf die Nerven geht & ich dort nichts vorzutragen habe. Nun zur Sache. So wie die Angelegenheit meiner Anstellung jetzt steht, habe ich kein Recht auf einen Assistenten.[3] Da mir aber das Zusammenarbeiten sehr ge- fällt, [w]erde ich um einen Assistenten ersuchen. Erhalte ich ihn, so will ich gerne einen der beiden Herrn nehmen, ob Droste oder Fokker,[4] weiss ich nicht. Fokker gefällt mir sehr und ist recht tüchtig.[5] Man sieht hauptsächlich die ausgezeichnete Schulung von Lorentz an ihm. Von Droste versichern Sie mir dasselbe. Also weiss ich nicht, wen ich vorziehen müsste. Die Sache hat aber, wie Sie sehen, Zeit, da es sich um eine Stelle handelt, deren Zustande- kommen noch fraglich ist. Mit Fokker habe ich schon etwas ebenso Interessantes wie kurioses heraus- gefunden, nämlich dass Mechanik, Elektrodynamik-auf das rotierende Dipol angewendet-und Jeans'sches Strahlungsgesetz nicht im Einklang mit- einander sind, dass vielmehr der quasi-monochromatische Planck'sche Oszil- lator hierin eine Sonderstellung einnimmt.[6] Die angewandte Rechnung ist durchaus einwandfr[ei.] Es ist dies im Widerspruch mit H. A. Lorentz' allge- meinem Ergebnis.[7] Ich bin neugierig, ob wir mit unseren Methoden nicht doch einen Anhaltspunkt für eine Modifikation der Theorie finden können. Die im Sommer noch schwebenden Fragen betreffend die Gravitations- theorie haben sich unterdessen geklärt.[8] Eine eindeutige Bestimmung der g^v aus den T^v ist nur bei Wahl spezieller Koordinatensysteme möglich (streng beweisbar).[9] Die Impuls-[E]nergie-Erhaltung lässt nur lineare Sub- stitutionen zu. Dadurch wird die Theorie vollkommen befriedigend.[10] Nur ein Punkt ist ungeklärt: Gibt es Gerade, welche in ihrer ganzen Ausdehnung rein zeitartig (bezw. rein raumartig) sind? Ob ja oder nein, muss aus den Gra- vitationsgleichungen hervorgehen. Leider ist die Beantwortung mathema- tisch schwierig. [Fäl]lt die Beantwortung befriedigend aus, so ist die Theorie logisch vollkommen gesichert. Mit den besten Grüssen an Sie, Ihre Frau und die Kleinen, auch von meiner Familie Ihr A. Einstein.
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