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DOC.
12 EXPERT
OPINION
Der
Begriff
"Meridiankreisel" ist somit
klar.
Der im
Gegensatz
hierzu
in
den Akten
gebrauchte
Ausdruck "Azimut-Kreisel"
entspricht
einem
wenig
klaren
Begriffe.
Das Wort
legt
die
Auffassung
nahe,
es
handele sich dabei
um
einen
Kreisel,
dessen durch die Achse A-A
gelegte
Vertikalebene einen
un-
veränderlichen
Winkel
mit dem Meridian bildet. Bei der Lektüre der Patent-
schrift
182855
gewinnt
man
den
Eindruck,
dass dort die
Herstellung
eines
derartigen
Kreisels
beabsichtigt gewesen
sei;
es
sei
aber
gleich
bemerkt,
dass
ein
Kreisel,
wie
er
(andeutungsweise)
im
Anschütz-Patent
182855
beschrie-
ben
ist,
nicht als Azimut-Kreisel in diesem
Sinne,
sondern-bei
genügend
vollkommener
Ausführung-als
Meridiankreisel wirken
muss.
[p. 3]
Das Wort "Azimut-Kreisel" taucht in den Akten
zuerst
auf
in
dem Gutach-
ten
des Patentanwalts
Hugo
Licht[4]
vom
13.
Mai
1914.
Dort wird als Azimut-
Kreisel ein derart
aufgehängter
Kreisel
bezeichnet,
dass auf die Kreiselachse
keinerlei
äussere
Kräftepaare
wirken. Die Achse eines
derartigen
Kreisels
würde ihre
Orientierung
im
Raume beibehalten.
Es
muss
aber bemerkt
wer-
den,
dass die
Realisierung
eines
derartigen
Kreisels
wegen
der
prinzipiell
un-
vermeidbaren
Reibungskräfte ausgeschlossen
ist. Ein mit dieser Absicht her-
gestellter
Kreisel würde sich mit seiner Achse der Erdachse
parallel
einstellen und
in
dieser
Stellung
verharren, wäre
also
in
Wahrheit ein
Meridiankreisel.
In
Wahrheit sind alle
Kreisel,
von
denen
in
den Prozessakten die Rede
ist,
"Meridiankreisel".
Der
in
Figur
1
schematisch
dargestellte
Foucault'sche Meridiankreisel
kann
aus
folgendem
Grunde nicht ohne Weiteres den
Schiffskompass
erset-
zen.
Wird
G
an
dem
Schiffskörper starr befestigt,
so
verursachen die Schwan-
kungen
des Schiffes
Schwankungen
der Achse X-X
um
die Vertikale und
diese wieder
(heftige) Schwankungen
der Achse A-A umdie Achse
X-X,
so-
dass die Achse
A-A
nie
zur
Ruhe käme. Das Problem aller hier
in
Betracht
kommenden
Erfindungen
ist
es,
den
Körper
B
so zu
lagern,
dass
er
sich
um
die Vertikale frei drehen kann und
dass
die
Schwankungen
des Schiffes
mög-
lichst
geringes
Pendeln der Achse
A-A
um
die Vertikale
erzeugt.
[p.
4]
2) a)
Der im Patent 182855 charakterisierte Kreisel besitzt
gegen-über
dem
Kreisel
von
Van
den Bos
(Deutsches
Patent
No.
34513)
kein
neues
Merk-
mal.[5]
Der
in
letzterem Patent
dargestellte
und
beschriebene
Kreisel
ent-
spricht
dem
Patentanspruch
(Anspruch
1)
des
Patentes 182855. Auch
aus
der
Beschreibung
des letzteren Patentes
kann nicht
geschlossen
werden,
dass
ge-
genüber
dem
Van
den Bos'schen
Kreisel ein Fortschritt
erzielt wäre.[6]
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