154 DOCUMENT 101 JULY 1915
sie ihren Hass in
unsinniger
Weise
dahin,
wohin
es
von
den Leithammeln
ge-
wünscht wird. Vor
diesem elenden Wahn
scheint
keine
Erziehung
und
Bildung
des
Gestes
zu
schützen. Die
wenigen
Aufrechten werden wohl schon
mit
der
Fähigkeit,
aufrecht
zu
bleiben,
geboren.
Lesen Sie das rührende Büchlein "Christentum und
Patriotismus“
von
Tolstoi.[3]
Einfach
und
schlicht ist da das Selbstverständliche
ge-
sagt,
rührend in seiner
Resignation.
Tolstoi
weiss,
dass
es
doch nichts helfen
wird,
was er sagt, wenn es
auch
am
Ende
optimistischer
ausklingt
in einem
Hymnus
auf
die
Entwicklung
und
Reinigung
der öffentlichen
Meinung.[4]
Er
ist nicht wie ich
mit Soldaten
gereist
und
hat deren
Dummheit
und Rohheit
genossen.
Schieben Sie meine Reise nach Zürich nicht hinaus
aus
Rücksichten,
weil Sie
denken,
dass die Sache
zum
Teil
unerquicklich
ausfallen möchte. Ich bin in dieser
Beziehung
auf
alles
gefasst.
Richten Sie sich
nur
danach,
wann
Sie anzutreffen
sind. Die
Erziehungsdirektion
frug
mich
wegen
Picard. Ich
empfahl
ihn.[5]
Hier ist
es
wundervoll. Ich konnte
mich
so
schön ausruhen wie noch
nie,
seit ich
erwachsen bin. Ich schrieb Ihnen wohl
schon,
dass
ich in
Göttingen
6
Vorträge ge-
halten
habe,
in denen ich Hilbert
von
der
allgemeinen
Relativität
überzeugen
konn-
te.
Von
letzterem bin ich
ganz
entzückt,
ein
Mann
von
wunderbarer
Kraft und Selb-
ständigkeit
in allen
Dingen.[6]
Sommerfeld
fängt
auch
an, zuzustimmen;[7]
Planck
und
Laue bleiben fern.
Ihre
Andeutung bezüglich Anwendung
der
Statistik habe ich noch
nicht
begrif-
fen.
Nochmals
innigen
Dank
&
herzlichen
Gruss
von
Ihrem
Einstein.
ALS
(SzZZa).
[39 670].
[1]Dated
by
the references
to
Einstein’s
recommendation of
Piccard and to his
being on
vacation
in
Sellin,
from where he
returned
to Berlin
by
7 August
(see
Doc.
104).
[2]Felix
Kaufler
(1878-1957),
former Privatdozent in
chemistry
at the
ETH,
had taken
a position
in Vienna in
1912
(see
Einstein
to Heinrich
Zangger,
after
5
June 1912
[Vol.
5,
Doc.
406],
note
2).
[3]Christentum
und
Vaterlandsliebe
(Tolstoy 1894), a copy
of
which is in Einstein’s
library.
[4]At
the end
of
a
lengthy
condemnation
of
patriotism
as
slavery, Tolstoy
expressed
the
hope
that
“however
great
the
pains
that
governments
take to
evoke
artificially
from
their
population an
alien,
already
obsolete public
opinion concerning
the value and
praiseworthiness
of
patriotism, people now-
adays
do
not
believe in
patriotism,
but
increasingly
in the
solidarity
and fraternity
of
mankind”
(“So
sehr auch die
Regierungen
sich
bemühen,
in den Völkern eine ihnen
fremde,
bereits überholte
öffentliche
Meinung
über
den Wert und die
Ruhmwürdigkeit
des Patriotismus künstlich
hervorzu-
rufen,
so glauben
die Menschen
unserer
Zeit doch nicht
an
den
Patriotismus,
sondern immer mehr
und mehr
an
die
Solidarität
und Brüderlichkeit
der
Völker.”
Tolstoy
1894,
pp.
105-106).
[5]For
Einstein’s
recommendation of
Auguste
Piccard,
see
the
preceding
document.
[6]See
Doc. 94
for
an
earlier
expression
of
Einstein’s admiration
for
David
Hilbert,
who had been
his
host
for the Wolfskehl lectures.
[7]For
an
indication of
Arnold Sommerfeld’s
approval, see
Doc. 96.
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