DOCUMENT 503 APRIL 1918 715
sigkeit
des Dienstmädchens erhalte ich
nun
Ihr liebes Kärtchen
so
spät,
dass ich Sie
nicht
mehr aufsuchen kann. Ich bedauere
es
sehr,
dass ich
so um
das
Vergnügen ge-
kommen
bin, [Sie]
zu
sehen.
Ich benutze die
Gelegenheit um
Ihnen herzlich dafür
zu
danken,
dass Sie mir
je-
nen
wissenschaftlichen Preis
haben zukommen
lassen,
durch dessen
Saftigkeit
ich
in
freudiges
Erstaunen
versetzt
wurde. Ich kann mir
denken,
dass Sie bei
der
Ent-
scheidung
den
Ausschlag gegeben
haben.[3]
Sie können sich
denken,
wie
gerne
ich bei Plancks
Vorträgen
in
Göttingen an-
wesend
wäre.[4]
Aber ich
glaube
kaum,
dass ich mir diese Freude werde leisten
können,
weil meine
Beweglichkeit
durch
da[s] Magengeschwür
sehr
verringert
ist.
Neulich bekam ich
z.
B. einen
hässlichen
Anfall,
der offenbar
nur
dadurch
veran-
lasst sein
konnte,
dass ich ein Stündchen
geigte.
Mein Freund
Ehrenfest
schrieb
mir
eine
Karte,
aus
der ich
sehe,
dass
er
Ihnen
einen ziemlich
thörichten Brief
geschrieben
hat,
von
dem
er
aber
bezweifelt,
ob Sie
ihn erhalten haben. Es ist eine Antwort
auf
eine freundliche
Einladung,
die
er
von
Ihnen und
Planck
erhalten
hat,
und in
der
er
ausführlich
darlegt,
waru[m]
er
sich
ausserstande
fühlt, jetzt
nach Deutschland
zu
kommen.[5] Die
begreifliche
Erbitte-
rung
über das
Politische hat
in ihm
zu
einem
solchen Drucke
sich
ausgewachsen,
dass
er nun
an so
ganz
ungeeigneter
Stelle
seinem
Herzen
Luft
macht. Ich bin über-
zeugt,
dass Sie
hinter
dem
ungeschickten,
fast kindischen Verhalten
den
anständi-
gen
Kerl sehen und ihm die
Entgleisung
nicht
so
übel nehmen. So einer
[ist]
doch
tausendmal
erfreulicher
als
die vielen
traurigen Schweifwedler,
die
unsere
Fakul-
täten in der
Hauptsache
bevölkern. Ich bitte Sie
sehr,
mir
mitzuteilen,
ob
Sie
seinen
Brief
erhalten
haben,
damit ich ihm antworten
und ihm
-
den
Kopf
waschen kann.
Ich schreibe ihm
so:
Liebes
Paulchen,
stelle Dir
vor,
du wärest
vor
ein
paar
Jahren nach
Göttingen
statt
nach
Leyden
berufen worden und
hättest
im
Frühjahr
1918 den
Kollegen
Kee-
som
freundlich
eingeladen,
und
kriegtest
von
ihm dafür eins
an
den
Kopp![6]
Ich
glaube,
Du wärst
darüber
mässig begeistert,
sondern würdest
erklären,
der
Keesom
sei ein
Lümmel.-
(Anwendungsbeispiel
für das
Relativitätsprinzip).
Ich habe mit Prof. Klein eine kleine
Korrespondenz
wegen
des
Energieprinzips
gehabt.[7]
Meine
tva
werden als unkoscher
von
allen
abgelehnt.[8]
Aber
eines
muss
ich doch
bemerken,
ohne diese meine
windschiefen
Heiligen irgendwie
beschöni-
gen zu
wollen. Es
geht
nicht
an,
sich mit einem
Energiesatz von
der Form
a~v
~a
1~g~
=
0
zu
begnugen.[9]
Denn
aus
ihm kann
z.
B. niemals
geschlossen
werden,
dass die
me-
chanische
Energie
des
Planetensystems (z.
B.
auch die
mittlere kinetische
[E]ner-
gie)
nicht ins Unendliche wachsen
kann.[10]
Dies aber ist eine
unserer
sichersten
allgemeinen Erfahrungen,
und
es
ist
klar,
dass diese einen Ausdruck finden
muss.
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