948 DOCUMENT 657 NOVEMBER 1918
"Die
Verwirklichung
des Sozialismus durch Demokratie" ist für mich eine
zu
viel
deutige Formulierung,
als daß ich mich für eine
Vereinigung,
die ihr
ganzes
Programm
in diese Worte
zusammenfaßt,
engagieren
könnte. Die
uneingeschränk-
te
Verwirklichung
des Sozialismus im Sinne des
Programms
der Sozialdemokratie
will ich
nicht,
und
so
weit ich die
Verwirklichung
sozialistischer Ideen
will,
steht
mir
die
Sicherung
der
persönlichen
Freiheit,
also die
Wahrung
individualistischer
Forderungen gleichberechtigt
daneben.[2]
Inzwischen habe ich
heute früh
das
Programm
der
neugegründeten
Demokrati-
schen
Partei
zu
lesen
bekommen,
dessen
Aufruf
u.a.
auch
von
Professor Albert
Einstein,
daneben auch
von
Hellmuth
v.
Gerlach
unterzeichnet
ist.[3]
Wenn "die
Verwirklichung
des Sozialismus durch Demokratie" im Sinne dieses
Aufrufs
zu
verstehen
ist,
so
verstehe ich
nicht,
was
der Bund "Neues Vaterland"
ausserhalb dieser Partei noch
zu
tun
hat.
Prgrammatische
Bedenken hätte ich dann
also
nicht,
aber
um
so
mehr die
einer
unnötigen
und vielleicht schädlichen
Zersplit-
terung.
Hochachtungsvoll
TLC
(RMIDK,
fond
541,
file
1, no.
26,
p. 37).
[84 161].
[1]The
preceding
document.
[2]Formerly a prominent
member of
the liberal
Progressive People’s Party
in the Bavarian
parlia-
ment
and
staunch
opponent
of
annexations
during
the
war (see
Doc.
121,
note
5), Quidde
had made
himself
unpopular
in
some pacifist
circles
because of
his
belief
in the
compatibility
of
pacifism
and
patriotism (see
Bosl
1969, pp.
177,
183).
[3]While
Einstein
may
have
signed an appeal
to join
the Democratic
Party,
which called
for
the
convening
of
a
National
Assembly
and
opposed
terror
from the
right as
well
as
the
left,
he
unequiv-
ocally
denied
being
a
member of
that
party (see
entries
of
16
November in
Calendar).
Helmut
Georg von
Gerlach
(1866-1935)
was a
contributor
to
the Berlin
weekly,
Welt
am
Montag.
He and
Quidde
had
joined
the Bund "Neues Vaterland" in
mid-1915,
about the
same
time
as
Einstein
(see
List
of
Members,
Gy-Ar,
Nachlaß Hans
Wehberg,
Vol.
14, pp.
109-110).
657. From Hermann
Weyl
Zürich,
Schmelzbergstr.
20 d.
16.
Nov. 1918.
Lieber
Herr
Kollege!
Hier
erfolgt nun
eine ausführliche
Antwort,[1]
von
der ich
hoffe,
daß sie
trotz
po-
litischer
Umwälzungen
und Demobilisation bald in Ihre Hände
gelange.[2]
Der
Glaube
an
meine Theorie
war
auch bei
mir
ins Wanken
geraten,
da ich
wochen-
und
wochenlang
die
Frage
der mechanischen
Gleichungen
nicht ins Reine
bringen
konnte.[3]
Die
jetzige
Gewissheit ist also nicht ohne
Anfechtung errungen.
Ich bin
sehr
gespannt,
welche
Stellung
Sie
nun
einnehmen werden. Können Sie
es
über
sich
gewinnen,
nachdem Ihnen die
1.
Note solche Unannehmlichkeiten
zugezo-
gen,[4]
auch noch diese
2.
Mitteilung
der
Akademie
vorzulegen?
Dafür
wäre ich
Ih–
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