2 5 2 D O C U M E N T 1 7 7 N O V E M B E R 1 9 1 9
Da ich nunmehr wieder in der Heimat bin, ist mein höchster Wunsch der, dahin
zu streben, daß die bitteren Wunden, die dieser Krieg in den Herzen der Menschheit
geschlagen hat, möglichst bald geheilt werden und die Möglichkeit einer weiteren
Zusammenarbeit wieder geschaffen wird.
Vor Kurzem hat mich der Redakteur der “Nature” gebeten ihm von Zeit zu Zeit
Notizen über kontinentalen wissenschaftlichen Angelegenheiten zur Veröffentli-
chung vorzulegen und ich wende mich an Sie mit der Anfrage, ob Sie einen kurzen
Artikel über Ihre Theorien der Relativität und der Gravitation für die “Nature”
schreiben würden? Seit der Veröffentlichung der Sonnenfinsternisergebnisse Ed-
dington’s[4]
ist diese Frage endlich auch herüben aktuell geworden und ich weiß,
daß einen Artikel von Ihrer Hand sehr geschätzt sein würde. Er würde uns au[c]h
der wünschenswerten Zusammenarbeit Wissenschaftler verschiedener Nationalität
einen weiten Schritt näher bringen.
Falls Sie mit meinem Vorschlage einverstanden sind dann bitte ich, den Artikel
hierher zu schicken und ich werde ihn mit großer Freude übersetzen und der “Na-
ture” einsenden. Der Artikel sollte allgemein verständlich (d. h. zu nicht-mathema-
tischen Lesern) und möglichst kurz [ge]fasst sein—ich denke etwa 3000 Worte.
Im Sommer dieses Jahres veröffentlichte ich an gleichem Orte einen kurzen Ar-
tikel über die “Photophorese”, den mir Prof. Ehrenhaft gelegentlich meiner Heim-
reise
mitgab.[5]
Dieser Artikel ist hier sehr gut aufgenommen worden und ich bin
überzeugt, daß es nich mehr lange dauern wird, bis das “Internationale” der Wis-
senschaftler wieder errichtet wird—mindestens soweit es von Deutschen und Eng-
ländern abhängt.
Aus kürzlichen Briefen der Herren Berliner (der “Naturwissenschaften”) und
Paneth[6]
(jetzt in Hamburg) entnehme ich, daß die Lebensbedingungen in Berlin
fast unerträglich
sind.[7]
Wie mir die Herren St. Meyer, Mache, Thirring,
Flamm[8]
etc. erzählen, sind in Wien die Ernährungsverhältnisse und Heizfragen noch viel
ärger als zur Zeit, als ich Wien verließ. Das ist das Bittertragische an der Sache und
ich hoffe aufrichtig, daß im Balden das Leben am Kontinent wesentlich erleichtert
wird.
Darf ich Ihnen zum Schluß bezüglich der kürzlichen Bestätigung Ihrer Voraus-
sage betreffs der “Gravitationsablen[ku]ng” des Lichtes herzlich gratulieren? Man
spricht hier seit paar Wochen von nichts Anderen.
Ich sehe mit Freude Ihre Antwort entgegen und hoffe, Sie werden geneigt sein
mir in nächster Zeit einen Artikel zu übersenden.
Mit bestem Danke im Voraus, zeichne ich,
In ergebenster Hochachtung
Robert W. Lawson.
Previous Page Next Page