D O C U M E N T 6 F E B R U A R Y 1 9 1 9 9
“Ist die Ehe der Litiganten gestützt auf Art. 137 des Z.G.B zu
scheiden?”[2]
gestützt auf folgende Tatsachen und Rechtsgründe:
I. Die Parteien wurden am 6. Januar 1903 in Bern
getraut.[3]
Sie hatten bis
im Juni 1914 in der Schweiz, zuletzt in Zürich, ihren gemeinsamen ehelichen
Wohnsitz. Seit jener Zeit leben sie faktisch
getrennt.[4]
Aus der Ehe sind zwei Knaben hervorgegangen, Hans, Albert geb. 14. Mai
1904 und Eduard geb. 28. Juni 1910. Dieselben befinden sich seit der Aufhebung
der ehelichen Gemeinschaft bei der
Mutter.[5]
II. Die Klägerin ruft zur Begründung ihrer Klage den absoluten Schei-
dungsgrund des Art.137 des Z. G. B. an. Da Scheidungsgründe seitens des Beklag-
ten nicht geltend gemacht werden, der Beklagte dagegen unumwunden zugegeben
hat, schon seit etwa Jahren mit einer Cousine in Berlin fortgesetzt intime Be-
ziehungen unterhalten zu
haben,[6]
muss die Klägerin ohne weiteres als berechtigt
erklärt werden, die Scheidung wegen Ehebruches zu verlangen. Die in Art. 137 ge-
nannten Klageausschliessungsgründe der Verjährung oder der Verzeihung kom-
men bei dieser Sachlage nicht in Frage. Die Klage ist deshalb gutzuheissen.
Nach Art. 150 des Z. G. B. ist im Falle der Scheidung wegen Ehebruches
dem schuldigen Ehegatten ein Eheverbot von 1–3 Jahren aufzuerlegen. Von dieser
Strafmassnahme vorliegend Umgang zu nehmen liegt kein besonderer Grund vor.
III. Bezüglich der Folgen der Scheidung haben die Parteien am 12. Juni
1918 folgende Vereinbarung
abgeschlossen:[7]
1) Herr Prof. Einstein in Berlin hinterlegt bei einer schweizerischen Bank Mk.
40,000.– in Wertpapieren, mit der Bestimmung, dass im Falle der Scheidung der
Ehegatten diese Summe Eigentum der Frau Mileva Einstein geb. Marit wird.
2) Frau Mileva Einstein bezieht vom Zeitpunkt der Hinterlegung an die Zin-
sen. Sie verfügt aber nicht über das Kapital ohne Einwilligung des Hrn. Prof. Ein-
stein (d.h. ohne seine Zustimmung werden die Wertpapiere weder veräussert noch
verpfändet, noch umgetauscht).
3) Herr Prof. Einstein sendet in vierteljährlichen Raten der Frau Mileva Ein-
stein eine Unterhaltssumme, die einschliesslich der Zinsen der soeben erwähnten
Schenkungssumme und einschliesslich der unter Ziff. 4 dieses Vertrages zu nen-
nenden Zinsen des Nobelpreises jährlich im ganzen 8000 Fr. ausmacht, über deren
Verwendung Frau M. Einstein keine Rechenschaft ablegt.
4) Herr Prof. Einstein überträgt im Falle der Scheidung und falls er den No-
belpreis erhält, das Kapital desselben, abzüglich 40,000 Mk., der Frau Mileva Ein-
stein zu Eigentum, und hinterlegt dieses Kapital auf einer schweizerischen Bank.
Bezüglich dieser Summe gilt folgendes:
a. Frau M. Einstein verfügt nicht über das Kapital ohne Zustimmung von Prof.
Einstein. Sie verfügt jedoch frei über die Zinsen.
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