D O C U M E N T 1 8 8 J U L Y 1 9 2 1 2 2 9
188. From Jacques Loeb
Woods Hole, Mass., Marine Laboratory, 20 Juli 1921.
Mein lieber Herr Professor Einstein;
Wir sind seit 6 Wochen hier, wo es kühl ist, und sind so der unerträglichen Hitze
in New York entgangen. Der Sommer dieses Jahr ist wohl der unerträglichste in
vielen Jahren.
Meine Bemühungen eine Unterstützung für Warburg, Michaelis Meyerhof und
Hoeber in Kiel und einige andere tüchtige jüngere Biologen vom Rockefeller Insti-
tut zu erlangen sind
gescheitert.[1]
Man gab mir zur Antwort, dass eine solche in-
dividuelle Auslese wie ich sie vorschlage, dem Institut nur Feinde zuziehen würde.
Das ist schwache Logik, wenn es sich um Forschung handelt, da jede Unterstüt-
zung unfähiger und steriler Köpfe für die Wissenschaft werthlos ist. Es macht mir
fast den Eindruck dass für die Deutschen die Niederlage den Ernst der Forscher ge-
hoben hat während der Sieg in Frankreich und auch hier die Politik auf Kosten der
Wissenschaft gefördert hat.
Ich habe über Ihrer Reise in England erfreuliche Berichte
gelesen.[2]
Die Zei-
tungen hier haben, wie üblich, absurde Darstellungen Ihrer Äusserungen gegeben
die aber zum Teil widerrufen worden sind, so dass es Sie nicht zu beunruhigen
braucht.[3]
Ich habe die Viscositätsmessungen zur Ende gebracht und das Resultat ist sehr
klar. Ihre Theorie hat dieses Gebiet das vorher unverständlich war sehr einfach und
klar gemacht, so dass für mich diese Viscositätsmessungen eine ziemlich einfache
und angenehme Arbeit
waren.[4]
Herr Brandeis verbringt seine Ferien hier und ich sehe ihn gelegentlich; auch-
Prof. F. Frankfurter kommt gelegentlich
hierhin.[5]
Beide sprechen in der liebens-
würdigsten und anerkennendsten Weise über Sie.
Ich hatte von Arrhenius einen Brief in dem er mir erzählt dass er in Berlin war
und dass er Sie und die übrigen Physiker dort gesehen
hat.[6]
Er war sehr begeistert
über den wissenschaftlichen Geist der in diesen Kreisen herrscht.
Bei der kritischen Lage in der sich die Wissenschaft überall befindet ist es von
der grössten Bedeutung dass die Energie und Begeisterung der deutschen Forscher
nicht erlahmt. Nur das kann uns hier davor retten dass der National Research
Council—d. h. die Gruppe von Politikern die George Hale kontroliert—die Wis-
senschaft durch ein Organisationsmanie
unterdrückt.[7]
Mit den herzlichsten Grüssen von meiner
Frau[8]
und mir an Sie und Ihre ver-
ehrte Frau Gemahlin Ihr Ihnen treu ergebener
Jacques Loeb.
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