D O C U M E N T 2 3 2 J U N E 1 9 2 2 3 6 1 232. To Aurel Stodola Berlin, den 13. VI. 22. Verehrter Herr Professor Stodola! Es hat mich ausserordentlich gefreut, dass Sie an meiner Arbeit [v]on 1917 Interesse gefunden haben,[1] denn diese bezieht sich auf mein besonderes Steckenpferd, das gegenwärtig bei den Physikern wenig Gnade findet. Diese neigen dazu, an der Elektro-Dynamik im Vakuum unbedingt festzuhalten, während dies nach meiner Meinung zu Widersprüchen führt.[2] Allerdings muss ich Ihnen gestehen, dass mir der genauere Mechanismus der Elementarvorgänge ganz dunkel geblieben ist. Die Erzeugung von Wärme durch Absorption von sichtlarer oder ultra-violetter Strahlung denke ich mir auf zwei Weisen: 1) Ein isoliertes elektrisches Elementarteilchen kann nicht absorbiren, weil [d]ies eine Verletzung des Impuls-Satzes zur Voraussetzung hätte. Zwei zusammenstossende elektrische Elementarteilchen emittieren sicherlich Strahlung unter Verlust von mechanischer Energie. Sie müssen also auch Strahlung absorbie- ren können unter Gewinn von mechanischer Energie, d. h. unter Erzeugung von Wärme. 2) Ein Molekül oder Atom kann in Bohrscher Art absorbieren (durch Elektron). Stösst ein solches Molekül mit einem andern zusammen, so kann diese Energie beim Zusammenstoss in fortschreitende Energie (Wärme) übergehen. Damit hängt es z. B. zusammen, dass mit der Erhöhung der Temperatur die Fluoreszenz auf Ko- sten der Wärmeproduktion abzunehmen pflegt. Die quantitative Ausführung dieser Dinge ist möglich, aber insofern gegenwär- tig nicht verlockend, als sie im Einzelnen ziemlich vieler Hypothesen benötigt. Ihre liebenswürdigen Worte über meine Bemühungen auf dem Gebiete der Völ- kerversöhnung haben mich sehr gefreut. Bei dem jetzigen Zustand der Erregung darf sich niemand ganz in’s stille Kämmerlein zurückziehen, wenn sich ihm ir- gendwie Möglichkeiten bieten, bei der „Reparation“ mitzuarbeiten. Mit herzlichen Grüssen und in dem Wunsche auf ein glückliches Wiedersehen Ihr TLC. [22 259]. The letter is addressed “Herrn Prof. Dr. A. Stodola Zürich.” There are perforations for a loose-leaf binder at the left margin of the document. [1]The interest in Einstein 1916n (Vol. 6, Doc. 38) was expressed in Doc. 217. [2]See also Doc. 318 for a discussion of how electrodynamics might have to be modified to account for quantum phenomena.
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