4 6 8 D O C U M E N T 3 2 3 A U G U S T 1 9 2 2 323. From Henry N. Brailsford[1] 67 St. George’s Square, London, S.W.1. Den 10ten August 1922 Hoch verehrter Herr Professor! Ich erlaube mir an Sie mit einem Ersuchen heranzutreten, indem ich Sie drin- gend bitte mir nicht ohne ernste Ueberlegung abzusagen. „The Labour Leader“, den Sie vielleicht als sozialistisches Wochenblatt dem Namen nach kennen, wird am 5ten Oktober in neuer, vergrösserter, und, wie ich hoffe, weit verbesserter Form unter meiner Leitung erscheinen.[2] Das Blatt war stets, selbst in den schwarzesten Kriegszeiten, von einem mutigen Pazifismus beseelt, und ich brauche kaum zu sa- gen, dass die Entfaltung der freundlichen Beziehungen zwischen unseren zwei Ländern eins seiner Hauptziele sein wird. Nun habe ich den Ehrgeiz etwas von Ihnen in der ersten, oder in einer sehr frü- hen, Nummer veröffentlichen zu können. Sie sind ja der einziger Deutsche auf der Welt, dessen jedes Wort von jeder Zeitung in beiden Halbwelten wiedergegeben wird. Wenn Sie bereit wären etwas ganz bestimmtes, wenn auch taktvolles, zu sa- gen über das wirtschaftliche Elend des deutschen Volkes und den Mangel an Ver- ständnis seitens der Mächte für die Wirkung ihrer Politik, welche die Aussichten der Republik und die Hoffnungen auf den Frieden vernichtet, so glaube ich, dass Ihre Worte wirksamer sein würden als die irgend eines anderen Menschen.[3] Wenn Sie so gut sind einen Artikel zu schreiben oder eine Unterredung zu ge- währen, so würde ich es auf mich nehmen sie auf keine egoistische oder engbe- grenzte Weise ze benutzen. Dass heisst, wenn Sie sie mir schicken wollten, damit ich sie in meinem neuen Blatte veröffentliche, so wollte ich sie zu gleicher Zeit an jede englische Tageszeitung von Bedeutung zum Zitieren senden. Sie sollte auch nach Amerika geschickt werden. Leider kann ich Ihnen kein Honorar anbieten, das Ihrer hohen Stellung angemessen wäre. Wir bezahlen in der Regel fünf oder vier Pfund, je nach der Länge. Aber es wäre zweifellos möglich von Amerika ein viel grösseres Honorar für Sie zu erlangen. Ich würde mich auch bemühen die Veröf- fentlichung in Frankreich zu sichern. Sollten Sie sich zu einer solchen Aussage nicht berufen fühlen, so würde ich Sie um etwas viel leichteres ersuchen—vielleicht einen möglichst einfachen Artikel über die jetzigen Aussichten der wissenschaftlichen Entdeckungen, oder vielleicht über die Wirkung der wissenschaftlichen Entdeckungen auf den sich ändernden Aufbau der Gesellschaft.—irgendein Thema von diesem allgemeinen Charakter. Es wird Sie vielleicht interessiren zu erfahren, dass unser Blatt jede Woche einen wissenschaftlichen Artikel veröffentlichen wird, und dass wir, dem allgemeinen Brauch entgegen, uns dafür an Wissenschaftler anstatt an Journalisten wenden wer- den. Ueberhaupt wird es der Zweck des Blattes sein den geistigen Ehrgeiz anzusta-
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