D O C U M E N T 1 5 7 N O V E M B E R 1 9 2 3 2 5 3 157. From Max Planck Berlin-Grünewald, 18. 11. 23. Lieber Kollege! Kurz nachdem ich an Sie geschrieben[1] traf Ihr Brief vom 7. wegen Herrn Stud. Olberg bei mir ein. Es versteht sich, daß ich den Mann im Auge behalten und in seiner Angelegenheit, soweit ich kann, in einem für ihn wohlwollenden Sinn wir- ken werde. Im Grunde ist es mir ja wichtiger, daß ein Kollegheft von mir studiert wird als daß bezahlt wird, sei es von wem und an wen immer. Nun aber vor Allem herzlichen Dank für Ihren Brief vom 13., der mir wirklich eine schwere Last von der Seele genommen hat.[2] Denn Sie endgültig zu verlieren, wäre ein Schlag, den ich nicht verwinden könnte. Ich habe mich inzwischen, unter- stützt von Ihrer werten Gattin,[3] nach Möglichkeit bemüht, den dunkeln Mächten, die gegen Sie arbeiten, etwas auf die Spur zu kommen, und namentlich lange Kon- ferenzen mit Hrn. Sanitätsrat Dr. Radt gepflogen.[4] Aber weder dieser, noch der Syndikus des Central-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, Hr. Dr. Holländer,[5] waren in der Lage, mir greifbare Anhaltspunkte für die Existenz eines gegen Ihre Sicherheit gerichteten Komplotts zu geben, so daß ich schließlich zu der Ansicht gekommen bin, daß nach individueller Richtung hier überhaupt nichts greifbares vorliegt. Ich erkläre mir vielmehr dieses ganze bedauerliche Ereignis aus der nervösen Unruhe, die hier entstanden ist in der Folge der Aufregung des Volkes gegen das Treiben gewisser jüdischer Schieber (womit ich nicht sagen will, daß es nicht auch christliche Schieber gibt), und in Folge der Nachrichten über den ebenso verbrecherischen wie kurzsichtigen Münchner Putschversuch.[6] Das wird sich al- les hoffentlich über kurz oder lang wieder beruhigen, und dann wird es ja wohl auch wieder so weit kommen können, daß Sie zurückkehren und Ihre hiesige Ar- beit wieder aufnehmen. Ich glaube, Niemand wird sich darüber tiefer freuen als ich und ich will auch gewiß nicht ungeduldig sein und Sie vorzeitig zu drängen versuchen, vielmehr mich freuen, wenn Sie sich in Leiden behaglich fühlen. Grüs- sen Sie Ehrenfests[7] herzlich von mir und behalten Sie in gutem Andenken Ihre Berliner Kollegen. Treulichst Ihr M. Planck. ALS. [19 309]. [1]Doc. 143. [2]For Einstein’s change of heart about leaving Germany permanently, see Doc. 150. [3]Elsa Einstein. [4]Gustav Bradt (see Doc. 145). [5]Ludwig Holländer (1895–1936). The Centralverein was the most significant Jewish assimila- tionist organization in Germany.
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