482
DOC.
22
EHRENFEST PARADOX
Physik.
Zeitschr. XII,
1911.
Einstein,
Ehrenfestsches Paradoxon.
509
[1]
[3]
[2]
Bügels,
vom
mitbewegten
Beobachter mittels
synchroner
Uhren
gemessen,
l'
beträgt,
die
Länge
der Strecke
OP
dagegen, vom
ruhenden
Beob-
achter
synchron gemessen,
sich
zu
l
ergibt,
so
muß
ja
bekanntlich
jeder
der
Beobachter,
wenn
er
die Strecke
des anderen
synchron nachmißt,
behaupten
können,
daß
jener
einen
ßmal
zu
großen
Wert
gefunden
habe. Andererseits kann
doch der beschriebene ideelle Versuch
nur
ein
einziges, ganz
bestimmtes Resultat
ergeben;
denn
das rechte
Bügelende
hat
seine
unveränderliche
x'-Koordinate und die
Galvanometerleitung
bei
P
auch ihre feste x-Koordinate. Nun
darf
dem Anschein nach keine dieser Koordinaten
größer
sein
als
die
andere,
weil dann eine
Un-
symmetrie
vorhanden wäre,
aus
der
man
auf
die absolute Ruhe des
einen
Beobachters schließen
könnte. Gleich
können
sie
aber
auch nicht
sein;
welcher
von
den beiden nach der
synchronen
Messung in
Betracht kommenden Werten, der
größere,
oder der
/i/mal
so
kleine, sollte sich
dabei
wohl ergeben?
Auch kann
die Umkeh-
rung
des Versuches die
Widersprüche
nicht
lösen, denn
es
ist
kein
experimenteller
Grund
einzusehen,
weshalb
etwas
anderes
herauskommen
sollte,
wenn
der
Bügel
ruht und die
Batterie
mit
dem
Kontaktsystem
sich
bewegt.
Erst die
Berücksichtigung
der
Tatsache,
daß
die
Fortpflanzung
der elektrischen
Wirkung
im
Draht
Zeit
braucht,
führt
darauf,
daß
die Vor-
gänge
an
den
beiden
Bügelenden
in dem
Zeit-
differential
der
Berührung
als
unabhängig
von-
einander anzusehen
sind. Man kann
sich
dann
den
Vorgang etwa
folgendermaßen vorstellen.
Die
Entfernung
von
O
bis
zum
nächsten Kontakt-
stück
sei
etwas
kleiner als
l/j,
die
von
O bis
zum
fernsten
Kontaktstück
etwas großer
als
l,
im
ruhenden
System gemessen.
Kommt
nun
das rechte
Bügelende
mit den
ersten
Kontakt-
stücken
in Berührung,
so
lädt sich der
Bügel
auf das Potential
der
Kontaktstücke,
und
wenn
die Galvanometer
empfindlich genug
sind, bzw.
die
Kapazität
des
Bügels
groß
genug
ist,
so
könnte
man
dabei die
Ladungsströme
konsta-
tieren,
die aber
für
uns
unwesentlich sind. In
einem
bestimmten Moment kommt das linke
Bugelende nun
in O
an.
Dann findet zwischen
diesem
und dem ruhenden Kontakt ein
elek-
trischer
Ausgleich
statt,
der sich mit endlicher
Geschwindigkeit
über den Draht hin
fortpflanzt.
Im Moment,
wo
er
das
rechte,
inzwischen weiter
bewegte
Ende
erreicht hat, tritt
er
in
das ruhende
System
über,
etwa
bei P, und das dort befind-
liche Galvanometer
schlägt aus.
Der ruhende
Beobachter liest
dabei
x
und t, der
bewegte
Beobachter
andere Werte
x
und
t'
ab.
Um
zu
wissen,
wann
die linken Enden koinzidierten,
müssen
aber
nun
beide wieder
erst
rechnen,
und
dabei kommt
man
einfach auf das
Addi-
tionstheorem der
Geschwindigkeiten.
Der
ruhende
Beobachter
wird
nämlich
x
t
--------u,
der
bewegte
x
t
u
finden. Hier
gilt,
wie in §
7,
w'-f- v
11
1
+
u
c2
Der ruhende Beobachter
wird als Geschwin-
digkeit
der Elektrizität
gegen
den
bewegten Be-
obachter den Wert
u
-
v
ansehen und hat
nach
obiger
Formel
u
----
V
-----
u
!
I
h
11
I *,
der
bewegte
Beobachter
als
Fortpflanzungs-
geschwindigkeit
der Elektrizität
gegen
den
ruhenden
dagegen
den Wert
u
+
v,
und hat
seinerseits
, .
,
u

v\
u
-b
--------
«
{
1
~b
-
..
j'
Diese Formeln
entsprechen
einander
in
bekannter
Weise; sie zeigen,
daß keine
Auffassung vor
der anderen den
Vorzug
verdient.
Auch dieser ideelle Versuch dürfte ein
lehr-
reiches
Beispiel
fur
die
eigenartige
Schlußweise
bilden, der
man
altbekannte
Vorgänge unter-
werfen
muß,
wenn man
sie
vom
Standpunkt
der Relativitätstheorie betrachtet.
Charlottenburg,
Physik.
Institut
d. Tech-
nischen
Hochschule, Februar
1911.
(Eingegangen
17.
März
1911.,
Zum Ehrenfestschen Paradoxon.
Bemerkung
zu
V.
Varicaks
Aufsatz.
Von
A.
Einstein.
Neulich hat
in
dieser
Zeitschrift1)
V.
Varicak
Bemerkungen publiziert,
die nicht unerwidert
bleiben
dürfen, weil sie Verwirrung
stiften
können.
Der Verfasser hat mit Unrecht einen Unter-
schied der
Lorentzschen
Auffassung
von
der
meinigen
mit
Bezug
auf die
physikalischen
Tatsachen
statuiert. Die
Frage, ob
die
Lo-
rentz-Verkürzung wirklich besteht oder nicht,
ist irreführend.
Sie
besteht nämlich
nicht
"wirk-
lich",
insofern
sie
für einen
mitbewegten
Beob-
1)
Diese Zeitschr.
12, 169, 1911.
Previous Page Next Page