572
DOC.
25
FOUNDATIONS
OF
GENERAL THEORY
176
Einstein,
Relativitätstheorie und Gravitationstheorie.
Physik.
Zeitschr.
XV,
1914.
1.
Die
Verallgemeinerung
des Relativitäts-
prinzips,
die
in
der Einsteinschen
Arbeit
er-
reicht worden
ist,
bezieht sich
nur
auf lineare
Transformationen,
hat also mit
beschleunigten
Bewegungen gar
nichts
zu tun.
Ich habe
in
der
vorliegenden Untersuchung nachgewiesen,
daß diese
"Verallgemeinerung"
weiter nichts
bedeutet,
als daß außer der Relativität der
Bewegungen
noch
eine
Relativität des Gravi-
tationspotentials
existiert. Diese zweite Rela-
tivität
gilt
auch in
meiner
Theorie,
und
zwar ist
sie
hier mit äußerst einfachen Mitteln erreicht.
2.
Die
Äquivalenzhypothese
scheint mir
schon
aus
dem Grunde
hinfällig
zu
werden,
weil
von
einer
Identität
der
trägen
und der
schweren
Masse in der Einsteinschen Theorie
gar
nicht
die Rede sein kann.
Allerdings
wird
durch die
Einführung
einiger
Nebenannahmen
der Satz
gewonnen,
daß die schwere und die
träge
Masse
abgeschlossener Systeme
einander
streng pro-
portional
sind.
Aber dieser
Satz
ist
keineswegs,
wie
es
nach der
Äquivalenzhypothese
sein
müßte,
eine
Folge
der
Transformationseigenschaften
der
Grundgleichungen,
er
würde
ebensogut in
meiner
Theorie
gelten,
wenn man
die eben erwähnten
Nebenannahmen auch
in
ihr
einführen
wollte.
Es hat sich weiter
gezeigt,
daß
diese Neben-
annahmen
einen
inneren
Widerspruch enthalten,
und
somit
ist der
Satz
von
der Gleichheit der
beiden
Massen auch
in
der
bescheidenen
Fassung,
die
er
schließlich bekommen
hat,
nicht
zu
halten.
Als ein
positives
Resultat der
vorliegenden
Untersuchung nenne
ich den
Nachweis,
daß
in
einer
beliebigen Theorie, in
welcher die schwere
Masse ein vierdimensionaler Tensor
ist,
eine
Identität des Tensors der schweren Masse mit
dem Tensor der
trägen
Masse
schlechterdings
unmöglich
ist. Soviel
ich sehe, ist
damit wohl
überhaupt
nachgewiesen,
daß
ein
Prinzip von
der Identität beider Massen nicht
gelten
kann.
Ob
man von
hier
aus
weiter dazu kommen
kann,
die
Unmöglichkeit
der Einsteinschen
Äquiva-
lenzhypothese allgemein
nachzuweisen, läßt sich
ohne
genauere Untersuchung
nicht
sagen,
es
scheint
mir
aber sehr
wohl
möglich. Jedenfalls
möchte ich
glauben,
daß
das
Mißlingen
des
Einsteinschen
Versuchs durch die
Unmöglich-
keit des
Erfolges
zu
erklären
ist.
In
der
Dis-
kussion
zu
dem Einsteinschen
Vortrag
habe
ich
darauf
hingewiesen,
daß
eine
Verallgemeine-
rung
des
Relativitätsprinzips,
wie sie
Einstein
beabsichtigt,
voraussichtlich immer
zu
Wider-
sprüchen
mit den
allgemeinen Prinzipien
der
physikalischen
Forschung
führen
wird
(diese
Zeitschrift 14,
1264).
Es wäre
nun interessant,
wenn
man
von
einem andern
Gesichtspunkt
aus
die
Unmöglichkeit
der
Verallgemeinerung
mathematisch
streng
nachweisen könnte. In
diesem
Zusammenhang
scheint mir ein
von
Herrn
Einstein
angekündigter
Satz
(diese Zeit-
schrift
14,
1257) bedeutungsvoll
zu
sein,
nach
welchem sich kein
System von Grundgleichungen
aufstellen lassen
soll,
die sämtlich für
beliebige
Substitutionen kovariant sind.
Greifswald,
Physik. Institut,
24.
Dezember
1913.
(Eingegangen
28.
Dezember
1913.)
Prinzipielles
zur
verallgemeinerten
Relati-
vitätstheorie
und
Gravitationstheorie.
[1]
Von
A.
Einstein.
Den Anlaß
zu
den
nachfolgenden
Erörte-
rungen gibt
mir eine
Kritik,
welche Herr Mie
in dieser
Zeitschrift1)
der
von
mir
unter
Beihilfe
von
Herrn Großmann
ausgearbeiteten
Theorie
widmet. Ich bin mit dem
Ergebnis
dieser
[3]
Kritik nicht einverstanden und kann mich dem
Eindruck nicht
verschließen,
daß Herr
Mie
meine theoretischen Absichten nicht
richtig
auf-
gefaßt hat.
Gleichzeitig glaube
ich
aber,
daß
die Unvollkommenheit meiner
bisherigen
Dar-
stellung
der
Hauptgedanken
der Theorie
an
diesem Mißverständnis die Schuld
trägt.
Diese
Unvollkommenheit
rührt
daher,
daß ich in
man-
cher
Beziehung
selbst noch nicht
zu
voller Klar-
heit
gelangt
war.
Ich
will
deshalb hier die
prinzipiellen
Fragen
der Reihe nach kurz durch-
gehen,
wobei ich aber
voraussetze,
daß
der Leser
die Theorie bereits
kenne,
was
ihren formalen
Inhalt betrifft.
1.
Die
gegenwärtig
als
"Relativitätstheorie"
bezeichnete Theorie ist auf die Annahme
ge-
gründet,
daß
es
gewissermaßen präexistierende
"bevorzugte" Bezugssysteme
K
gebe,
auf die
bezogen
die
Naturgesetze
eine besonders einfache
Form
annehmen,
trotzdem
man
vergeblich
die
Frage
aufwirft,
wodurch die
Bevorzugungen
jener
Bezugssysteme
K
gegenüber
anderen
Bezugs-
systemen
K'
(z.
B. "rotierenden") bedingt
sein
könnte. Es
liegt
hierin meiner Ansicht
nach
ein schwerer
Mangel
dieser Theorie.
Jene
be-
vorzugten Bezugssysteme
werden
festgelegt
als
solche, inbezug
auf welche das
Prinzip von
der
Konstanz der
Vakuumlichtgeschwindigkeit
gültig
sein
soll.
Man kann nicht daran
zweifeln,
daß
diesem
Prinzip
eine
weitgehende Bedeutung
zu-
kommt;
und
doch kann
ich nicht
an
seine
genaue Gültigkeit glauben.
Es erscheint mir
unglaublich,
daß der
Ablauf
irgendeines
Vor-
ganges
(z.
B.
der der
Lichtausbreitung
im
Vakuum)
als
unabhängig von
allem
übrigen
Geschehen
in
der
Welt
aufgefaßt
werden könne.
Wie
man [4]
über
derartige Argumente
auch denken
mag,
1)
15,
115, 169, 1914.
[2]
Previous Page Next Page