DOCUMENT 163 MAY 1909 193 Ihre Abänderung von Gibbs' Behandlung des kanonischen Ensembles hat mir sehr gefallen. Man sieht so sehr schön, inwiefern sich die von den Strah- lungserscheinungen geforderte Theorie von der bisherigen unterscheidet. Wenn man nur die Beziehung e = hv irgendwie begreifen könnte! Inbezug hierauf ist es von Interesse, dass sich nach der Relativitätstheorie Energie (e) und Frequenz (v) eines sich in bestimmter Richtung fortpflanzenden mono- chromatischen Lichtkomplexes bei Aenderung des Koordinatensystems sich Ģ so ändern, dass - konstant bleibt.[5] v Bezüglich der Lichtquanten muss ich mich undeutlich ausgedrückt haben. Ich bin nämlich durchaus nicht der Meinung, dass man das Licht aus von ein- ander unabhängigen, in verhältnismässig kleinen Räumen lokalisierten Quanten zusammengesetzt denken solle. Für die Erklärung des Wien'schen Endes der Strahlungsformel wäre dies wohl das bequemste. Aber schon die Teilung eines Lichtstrahles an der Oberfläche brechender Medien verbietet diese Auffassung durchaus. Ein Lichtstrahl teilt sich, aber ein Lichtquant kann sich ja nicht teilen ohne Aenderung der Frequenz. Ihre Darlegungen der Schwierigkeiten, welche der Quantentheorie aus In- terferenzfähigkeit und Bildschärfe erwachsen, hat mir grosse Freude ge- macht. Ich sehe da, wie scharf Sie diese Dinge überlegt haben, die mir schon so viel Kopfzerbrechen gemacht haben. Wie schon gesagt, ist nach meiner Meinung nicht daran zu denken, das Licht aus diskreten, voneinander unab- hängigen Punkten zu konstruieren. Ich stelle mir die Sache etwa so vor: Nach den Maxwell'schen Gleichungen ist ein in bestimmter Richtung sich fortpflanzender Wellenvorgang, der sich weder senkrecht zur Ausbreitungs- richtung ins Unendliche erstreckt, noch in jeder Ebene gleicher Phase unend- lich wird, ausgeschlossen. Vermöge der Ausbreitung nach allen Seiten sucht sich die Energie eines jeden Wellensystems auf immer grössere R[äu]me aus- zudehnen. Dieser Zug unserer heutigen Theorie des Lichtes ist es, der mir un- richtig zu sein scheint. Ich glaube vielmehr, dass sich das Licht in ähnlicher Weise um singuläre[6] Punkte herum gruppiert, wie wir das vom elektrostati- schen Felde anzunehmen gewohnt sind.[7] Ich denke mir also ein einzelnes Lichtquant als einen Punkt, der von einem sehr ausgedehnten Vektorenfeld umgeben ist, das mit der Entfernung irgendwie abnimmt. Der Punkt ist eine Singularität, ohne welche das Vektorenfeld nicht existieren kann. Ob man sich beim Vorhandensein vieler Lichtquanten mit einander überdeckenden Feldern eine einfache Superposition der Vektorenfelder vorzustellen hat, das kann ich nicht sagen. Jedenfalls müsste man zur Bestimmung der Vorgänge
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