278 DOCUMENT 251 JANUARY 1911 herein ersuchen, mir mitzuteilen, ob ich ihm von Ihrer Anfrage nicht spre- chen darf. Aus Ihrem Briefe sehe ich dass Herr Zangger vor einem Scheidewege steht es frägt sich, ob er gut daran thäte, seine Stellung mit einer in der Tech- nik zu vertauschen, und zwar speziell mit einer Stellung, die physikalische Kenntnisse erfordert.[3] Herr Zangger hat viel Scharfblick in physikalischen Dingen. Er hat mich mehrmals auf wissenschaftliche Publikationen auf meinem Gebiete von grosser Wichtigkeit aufmerksam gemacht, die mir ent- gangen wären.[4] Er verfügt auch über ein grosses Wissen, hat schon auf ver- schiedenen Gebieten experimentiert.[5] Lediglich auf dem Gebiete des selb- ständigen exakten Rechnens fehlt es ihm an Erfahrung und Routine. Ich zweifle nicht daran, dass er ein ausgezeichneter Physiker sein könnte, so wie er jetzt ein ausgezeichneter Mediziner und Gerichtl. Mediziner ist. Leider haben Sie mir nicht das Fach mitgeteilt, dem er seine Arbeit zuwen- den würde, und den Charakter der Thätigkeit, die er dort auszuüben hätte. Die Frage, wie jene Stellung seiner Eigenart und seiner wissenschaftlichen Erfah- rung entspricht, kann ich mir also gar nicht stellen. Es hat mir mehr als einmal geschienen, dass Herr Zangger darunter leidet, dass er gar zu verschiedenartige und zu viele Verpflichtungen zu erfüllen hat,[6] so dass es ihm zeitweise unmöglich wird, seinen wissenschaftlichen In- teressen das wünschbare Quantum Zeit und Kraft zu widmen. Ich glaube, dass es für ihn eine Befreiung bedeutete, wenn er mehr Müsse für diese Dinge hätte. Wenn er sich Ihnen gegenüber selbst in diesem Sinne ausspricht, so dürfte man ihm meiner Meinung nach von einem Stellungswechsel nur dann abraten, wenn man Grund hat zu glauben, dass er in der neuen Stellung in Wahrheit nicht mehr Müsse hätte als jetzt, oder dass er sich für die neue Stelle nicht eignete. Jedenfalls glaube ich dass der letztere Grund bei einer Stellung, die er selbst für sich in Betracht zieht, kaum zutreffen dürfte. Denn er ist viel zu reich an wirklicher Erfahrung, um seine Wissen und seine Fähigkeiten zu überschätzen. Endlich erschiene es mir Vermessenheit, einem so weitblickenden, erfah- renen Manne, wenn auch indirekt, einen Rat geben zu wollen, daran will und kann ich nicht denken. Nur das eine wiederhole ich, dass Herr Zangger grosse Begabung auch für Physik hat und das ist es ja, was Sie mich in erster Linie gefragt haben. Mit aller Hochachtung Ihr ergebener A. Einstein. ALS (Zürcher family, Zurich). [80 816]. [1]Zürcher (1850-1926) was Professor of Criminal Law at the University of Zurich.
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