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DOC.
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MANIFESTO
TO THE
EUROPEANS
det,
wie einst Griechenland. Soll auch
Europa
sich durch
Bruderkrieg
allmäh-
lich
erschöpfen
und
zugrunde gehen?
Denn der heute tobende
Kampf
wird kaum einen
Sieger,
sondern wahr-
scheinlich
nur
Besiegte
zurücklassen. Darum scheint
es
nicht
nur
gut,
son-
dern bitter
nötig, daß gebildete
Männer aller Staaten ihren Einfluß dahin auf-
bieten,
daß-wie auch der heute noch
ungewisse Ausgang
des
Krieges
sein
mag-die
Bedingungen
des Friedens nicht die
Quelle künftiger Kriege
wer-
den,
daß vielmehr die
Tatsache,
daß durch diesen
Krieg
alle
europäischen
Verhältnisse
in
einen
gleichsam
labilen und
plastischen
Zustand
geraten
sind,
dazu benutzt
werde,
um aus
Europa
eine
organische
Einheit
zu
schaffen.-
Die technischen und intellektuellen
Bedingungen
dafür sind
gegeben.
In welcher
Weise diese
Ordnung Europas möglich
ist,
soll hier nicht
erör-
tert
werden. Wir wollen
nur
grundsätzlich
betonen,
daß
wir fest davon
über-
zeugt
sind,
daß die Zeit
da ist, in
der
Europa
als Einheit
auftreten
muß,
um
seinen
Boden,
seine Bewohner und seine Kultur
zu
schützen.
Wir
glauben,
daß dieser Wille latent
in
vielen vorhanden
ist,
und wir wol-
len durch
gemeinsames Aussprechen
dieses Willens
bewirken,
daß
er
eine
Macht werde.
Zu diesem Zweck erscheint
es
vorerst notwendig,
daß sich alle
diejenigen
zusammentun,
die
ein
Herz haben für die
europäische
Kultur,
die also
das
sind,
was
Goethe einmal vorahnend
"gute
Europäer"
genannt
hat,
denn
man
darf die
Hoffnung
nicht
aufgeben,
daß
ihr
gesammeltes
Wort-auch
unter
dem
Klange
der Waffen-nicht
ganz ungehört
verhalle,
vor
allem,
wenn
unter
diesen
"guten Europäern
von
morgen"
alle
jene
zu
finden
sind,
die bei ihren
gebildeten Standesgenossen
Ansehen und Autorität
genießen.
Aber
es
ist
notwendig,
daß die
Europäer
erst
einmal
zusammenkommen,
und
wenn-was
wir hoffen-sich
genügend
Europäer in
Europa
finden, d. h.
Menschen,
denen
Europa
nicht
nur
ein
geographischer Begriff,
sondern eine
wichtige
Herzenssache
ist,
so
wollen wir
versuchen,
einen solchen
Europäer-
bund zusammenzurufen.- Der soll dann
sprechen
und entscheiden.
Wir
selber
wollen hierzu
nur
anregen
und
auffordern,
und
so
bitten wir
Sie,
falls Sie
uns
Gesinnungsgenosse
und
gleich
uns
entschlossen
sind,
dem
euro-
päischen Willen
einen
möglichst
weitreichenden Widerhall
zu
verschaffen,
Ihre Unterschrift
zu
senden.
PD (Nicolai 1917,
pp.
9-11).
[1]Dated
by
Georg
Friedrich
Nicolai,
one
of the authors of this manifesto
(see
Nicolai
1917,
p.
9;
see
also the
following
note).
[2]The
statement
was
drawn
up
in
response to
the manifesto
"To
the Civilized
World"
("An
die
Kulturwelt"),
also known
as
the Manifesto of the
93, in
which
93
German
intellectuals and
artists
(including,
for
instance,
Max Planck and Wilhelm
Wien) rejected
German
war
guilt
and
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