DOC.
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DIALOGUE ABOUT RELATIVITY
117
Heft
48
29. 11.
1918
Einstein:
Dialog
über
Einwande
gegen
die
Relativitatstheorie. 699
4.
U2 bewegt sich mit der konstanten Geschwin-
digkeit v
im Sinne der
negativen
x-Achse zurück
bis
in die Nähe
von
U1. U2
bleibt
in Ruhe.
5.
Die Uhr
U2
wird durch eine äußere Kraft
zur
Ruhe
gebracht.
4.
U1
bewegt
sich mit der konstanten Geschwin-
digkeit
v
in
Richtung
der
positiven
x-Achse
bis
in
die Nähe
von
U2.
U2
bleibt in Ruhe.
5.
Es entsteht ein nach
der negativen x-Achse
gerichtetes
Schwerefeld, welches
die Uhr
U1 zur
Ruhe
bringt.
Dann verschwindet
das Schwerefeld
wieder.
U2
wird hierbei
durch eine äußere Kraft
im
Zustand
der Ruhe
gehalten.
Es ist wohl
im Auge
zu
behalten,
daß
in
der
linken und in der rechten
Spalte
genau
der näm-
liche Vorgang
beschrieben
ist,
nur
bezieht sich die
Beschreibung
links auf das
Koordinatensystem
K,
die
Beschreibung
rechts auf
das
Koordinaten-
system
K'. Gemäß
beiden Beschreibungen
ist die
Uhr
U2
am
Ende
des,
betrachteten Prozesses
gegen-
über der Uhr
U1
um
einen bestimmten
Betrag
zurückgeblieben.
Bei
Beziehung
auf das Koordi-
natensystem
K' erklärt sich dies Verhalten
folgen-
dermaßen: Während der
Teilprozesse 2
und
4
geht
zwar
die mit der
Geschwindigkeit
v
bewegte
Uhr
U1
langsamer
als
die ruhende
Uhr
U2.
Aber
dies
Zurückbleiben wird
uberkompensiert
durch
einen schnelleren
Gang
von
U1
während
des
Teil-
prozesses
3. Nach der allgemeinen
Relativitäts-
theorie
geht
nämlich eine Uhr desto schneller, je
hoher
das
Gravitations-Potential
an
dem
Orto
ist,
an
dem sie sich
befindet,
und
es
befindet sich
während
des Teilprozesses 3
U2
tatsächlich
an
einem Orte höberen Gravitations-Potentials als
U1.
Die Rechnung ergibt,
daß
dies Vorauseilen
gerade
doppelt so
viel
ausmacht,
als das Zurück-
bleiben wahrend der
Teilprozesse 2
und 4. Durch
diese
Betrachtung
wird
das
von
dir
angeführte
Paradoxon vollständig aufgeklart.
Krit.: Ich sehe
in
der Tat, daß du dich sehr
geschickt
aus
der
Schlinge gezogen
hast,
aber ich
müßte
lügen,
wenn
ich mich für vollkommen
befriedigt
erklärte. Der Stein
des
Anstoßes ist
nicht beseitigt, sondern
nur an
eine andere Stelle
gerückt.
Deine
Überlegung zeigt
mir nämlich
nur
den Zusammenhang der
soeben erörterten Schwie-
rigkeit
mit einer andern
Schwierigkeit,
die
eben-
falls schon oft
vorgebracht
worden ist. Du hast
das
Paradoxon gelöst, indem
du
den Einfluß eines
relativ
zu
K' herrschenden Gravitationsfeldes auf
die
Uhren in Rechnung zogst.
Ist aber dieses
Gravitationsfeld nicht etwas bloß Fingiertes?
Seine Existenz wird doch
nur
durch die Koordi-
natenwahl
vergetäuscht.
Wirkliche Gravitations-
felder sind
doch
stets
durch
Massen
erzeugt,
und
können
nicht
durch
geeignete
Koordinatenwahl
zum
Verschwinden gebracht
werden.
Wie
sollte
man
glauben können,
daß ein bloß fingiertes
Feld
auf den
Gang
von
Uhren einen Einfluß haben
könnte?
Rel.: Zunächst muß
ich darauf aufmerksam
machen, daß
die Unterscheidung real
-
nichtreal
uns
wenig
fördern kann. In
bezug
auf K' "exi-
stiert" das Gravitationsfeld in
demselben Sinne
wie irgendwelcher
andere
physikalische
Gegen-
stand,
der
bloß
mit
bezug
auf ein Koordinaten-
system
definiert
werden
kann, trotzdem
es
in
be-
zug
auf
das System K nicht vorhanden ist. Hierin
liegt keine besondere
Merkwürdigkeit, wie
man
leicht
an
folgendem,
der klassischen Mechanik
ent-
nommenen
Beispiel erkennt. Niemand zweifelt
an
der "Realität" der kinetischen
Energie,
da
man
sonst
dazu
käme,
die
Realität der Energie
überhaupt
zu
leugnen. Es ist aber
klar, daß
die
kinetische
Energie
eines
Körpers
von
dem Be-
wegungszustande des Koordinatensystems
abhängig
ist;
durch
pussende
Wahl
des
letzteren kann
man
es
offenbar herbeiführen,
daß die kinetische
Energie der fortschreitenden
Bewegung
eines
Körpers
in einem bestimmten
Augenblick irgend
einen
vorgegebenen, positiven Wert oder den
Wert
Null
annimmt. In
dem speziellen
Fall,
daB
alle Massen
gleich gerichtete
und
gleich große
Geschwindigkeit haben, kann
man
durch
passende
Wahl des Koordinatensystems die
gesamte
kine-
tische
Energie
zu
Null machen. Die
Analogie
scheint mir eine
vollständige
zu
sein.
Statt
zwischen
"real"
und
"nichtreal" wollen
wir deutlicher unterscheiden zwischen
Größen,
welche
dem physikalischen System als
solchem
zu-
kommen
(unabhängig
von
der Wahl
des
Koordi-
natensystems)
und solchen Größen, welche
vom
Koordinatensystem abhängen.
Das Nächstlie-
gende wäre,
zu
verlangen,
daß die
Physik in
ihre
Gesetze
nur
Größen der
ersteren
Art einführen
solle.
Es hat
sich
jedoch
erwiesen,
daß
dieser
Weg praktisch
nicht realisierbar
ist,
wie schon die
Entwicklung
der klassischen Mechanik deutlich
gezeigt
hat.
Man
könnte
z.
B. daran denken, und
hat
auch wirklich versucht,
in
die Gesetze der klas-
sischen Mechanik
statt
der Koordinaten
nur
die
Abstände der materiellen Punkte
von
ein-
ander
einzuführen;
man
könnte
a
priori
erwar-
ten, daß
auf solche Weise
sich das Ziel
der Rela-
tivitätstheorie
um
einfachsten erreichen
ließe.
Die
wissenschaftliche
Entwicklung
aber hat diese Ver-
mutung
nicht
bestätigt.
Sie kann das Koordi-
natensystem
nicht
entbehren, muß also
in
den
Koordinaten Größen
verwenden,
die sich nicht
als
Ergebnisse
von
definierbaren
Messungen auffassen
lassen. Nach der
allgemeinen
Relativitätstheorie
sind die vier Koordinaten
des
raum-zeitlichen
Kontinuums
sogur
ganz willkürlich wählbare, jeder
selbständigen physikalischen Bedeutung
erman-
gelnde
Parameter. Ein Teil
jener
Willkür
haftet
aber auch
denjenigen Größen (Foldkomponenten)
an,
mit deren Hilfe wir die
physikalische
Realität
beschreiben. Nur
gewissen, im allgemeinen
ziem-
lich
komplizierten
Ausdrücken,
die
aus
Feldkom-
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