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Materie nur dadurch in Wechselwirkung stehen, dass letztere als Trägerin elektri-
scher, an sie gebundener Ladungen aufgefasst wurde. Der grosse methodische
Fortschritt der Lorentz’schen
Theorie[4]
lag darin, dass die ganze Elektrodynamik
ruhender und bewegter Körper durch diese Theorie auf die Maxwell’schen Glei-
chungen des leeren Raums zurückgeführt wurde. Diese Theorie war der
Hertz’schen nicht nur methodisch überlegen, sondern es gelang H. A. Lorentz mit
ihrer Hilfe auch, den experimentellen Thatsachen mit ihrer Hilfe verblüffend gut
gerecht zu werden.
Nur in einem Punkte von prinzipieller Bedeutung schien die Theorie nicht zu be-
friedigen. Sie schien ein Koordinatensystem von bestimmtem Bewegungszustande
(nämlich ein zum Lichtäther ruhendes Koordinatensystem) gegenüber allen dazu
bewegten Koordinatensystemen auszuzeichnen. In diesem Punkte schien sie in
schroffem Gegensatze zu stehen zu der klassischen Mechanik, in welcher alle In-
ertialsysteme (welche gegen einander gleichförmig bewegt sind) also Koordina-
tensysteme gleichberechtigt sind (spezielles Relativitätsprinzip). Dabei sprach alle
Erfahrung auch auf elektrodynamischem Gebiete (insbesondere Michelsons Ver-
such) für die Gleichwertigkeit aller Inertialsyteme, d. h. für das spezielle Relativi-
tätsprinzip.
Dieser als unerträglich empfundennen prinzipiellen Schwierigkeit verdankt die
spezielle Relativitätstheorie ihre Entstehung. Diese Theorie entstand als Antwort
auf die Frage: Steht das spezielle Relativitätsprinzip mit den Maxwell’schen Feld-
gleichungen für das Vakuum wirklich im Widerspruch? Scheinbar war diese Frage
zu bejahen. Gelten nämlich jene Gleichungen inbezug auf ein Koordinatensystem
K, und führt man ein neues Koordinatensystem ein vermöge der anschaulich
leicht begründbaren Transformationsgleichungen
(Galilei-Transformation),
so gelten in den neuen Koordinaten die Maxwell‘schen Feldglei-
chungen nicht mehr. Aber der Schein täuschte. Eine vertiefte Analyse der phy-
sikalischen Bedeutung von Raum und Zeit liess erkennen, dass die Galilei-
Transformation auf willkürlichen Voraussetzungen beruht, insbesondere auf der
Voraussetzung, dass die Aussage der Gleichzeitigkeit einen vom Bewegungszu-
stande des benutzten Koordinatems unabhängigen Sinn habe. Es zeigte sich, dass
die Vakuum-Feldgleichungen dem speziellen Relativitätsprinzip genügen, wenn
man als Transformationsgleichungen die Gleichungen
[p. 2]
K′
x′ x vt =
y′ y =
z′ z =
t′ t =
þ
ï
ï
ý
ï
ï
ü
x′, y′, z′, t′) (
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