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DOC.
55 IN MY
DEFENSE
1.
4. Heft192113.
Zuschriften
an
die
Herausgeber.
-
Gesellschaft für Erdkunde
zu
Berlin. 219
Zuschriften
an
die
Herausgeber.
Zur Abwehr.
Herr Lucien Fabre hat
im Verlage
von
Payot
in
[1] Paris ein Buch
"Les
théories d'Einstein" mit
dem Zu-
satz "Avec
une
préface de M.
Einstein"
herausgege-
ben.
Ich
erkläre, daß ich
keine Vorrede
zu
dem
Buche
geschrieben
habe
und protestiere gegen
diesen
Mißbrauch
meines
Namens. Ich
bringe den
Protest
zu
Ihrer Kenntnis
in
der
Hoffnung,
daB
er
aus
Ihrer
Zeitschrift
den
Weg
in die weitere Öffentlichkeit und
im
besonderen auch
in
die Zeitschriften
des
Auslandes
finden wird.
Berlin,
16.
Mürz
1921.
Albert Einstein.
Gesellschaft für Erdkunde
zu
Berlin.
In der
Fachsitzung
am
21.
Februar
1921
hielt Herr
Professor Alfred Wegener (Hamburg)
einen
Vortrag
uber
seine
Theorie
der Kontinent-Verschiebungen.
Während
umn
bisher
Horizontalverschiebungen
von
Teilen der festen Erdkruste
nur
in kleinem
Ausmaß
bei
gebirgsbildenden
Vorgängen,
Erdbeben
usw.
beob-
achtet
hat, nimmt Wegener an,
daß
sich
große
Kon-
tinentalmassive
nebst ihrem untermeerisschen Sockel auf
weite Strecken hin verschoben haben. Insbesondere
sieht
er
in der Ähnlichkeit der Landumrisse, die
an
der Ostküste Südamerikas und der Westküste
Afrikas
bis
auf kleine
Einzelheiten
ubereinestimmen,
ein An-
zeichen für den irüheren
Zusammenhang
dieser beiden
Küsten. In
ahnlicher Weise
lag
Nordamerika direkt
neben
Europa,
Antartika und Australien
waren
gegen
Südatrika
geschoben
und Vorderindien kam nach Aus-
glättung
der nördlichen
Gebirgsialten
neben
Madagas-
kar
zu
liegen.
Diese Annahme stützte der Vortragende nicht nur
durch
eine
ganze
Reihe
von
einleuchtenden Gründen,
sondern
er
zeigte
auch, wie zablreiche,
bisher noch nicht
gelöste
Probleme der
physischen
Geographie
durch die
Annahme seiner
Verschiebungstheorie
in
zwangloser
Weise ihre
Erklärung
finden. Da eine ausführliche
Darstellung
der Theorie in einem besonderen Werke
zur
Veröffentlichung gelaugt ist1),
so
mag
hier ein
kurzer Hinweis auf
einige
Einzelheiten
genilgen.
In
geophysikalischer
Hinsicht haben wir
uns
vorzu-
stellen, daß die äußere Haut
des eigentlichen Erdkörpers
eine im wesentlichen
aus
Aluminiumsilikaten
(Sal
nach Eduard
SueB,
Sial nach
Alfred Wegener)
be-
stehende
Gesteinskruste
darstellt,
die
Lithosphare,
der
die Kontinente nebst ihren
untermeerischen
Sockeln
angehören, welch
letztere sich
als
sogeuaunter
Schelf
auch
untermeerisch
über die
Küste
hinaus fortsetzen
und
von
der küstennahen Flachsee
(Schelfmeer)
über-
schwemmt werden. Diese
spezifisch
leichteren
(Dichte
=
2.8)
Kontinentalschollen des
Sial
schwimmen
ge-
wissermaßen auf dem
etwas
schwereren
(Dichte
=
2.9)
Material
der
Tieiengesteine,
der
Barysphäre,
deren
Haupthestandteil Magnesiumsiliknte (Sima)
sind. Das
Sima bildet den Boden
der
Tiefsee. Die
Lithosphäre
umspannt
also
nicht,
wie bisher
angenommen
wurde,
den
ganzen Erdkörper,
sondern bedeckt,
in
Gestalt der
Kontinentalschollen,
nur
etwa
ein
Drittel
der Erdober-
fläche,
während in den Tiefseeböden die
Barysphäre
entblößt
ist.
Ein Beweis für die
Richtigkeit
dieser Annahme
er-
gibt
sich
aus
der
Verteilung
der Hohenstufen der
festen
Erdrinde,
die
zwei
sehr schari
ausgeprägte
Häufigkeits-
1)
Die
Entstehung
der Kontinente und Ozeane.
Von
Alfred Wegener.
2.
Auflage. (Die
Wissenschaft,
Bd.
66.)
Braunschweig 1920. VIII
u.
135 Seiten.
maxima
bei 100
m
über und
4700
m
unter
dem Meeres-
spiegel
aufweist. Es bandelt sich also offenbar
um
zwei
verschiedene
Niveauflachen,
die beide nebeneinan-
der Vorkommen und zwei verschiedenen Schichten des
Erdkörpers,
der
Lithosphare
und der
Barysphäre,
ent-
sprechen.
Unsere
bisherigen Erfahrungen stimmen
mit
dieser
Auffassung
überein. Schwerere vulkanische
Ge-
steine sind in
den Ablagerungen
der Tiefsee
nachgewie-
sen
worden. Auch darf
man
annehmen,
daß das
Sima,
in dem
eisenhaltige
Basalte vorherrschen, stärker
mag-
netisch
ist
als die
Lithosphäre.
Dies
paßt
gut
zu
dem
von
H.
Wilde
gebauten magnetischen
Modell der
Erde,
bei welchem die
größte Annäherung an
die wirkliche
Verteilung
des
Erdmagnetismus
dadurch erzielt werden
konnte,
daß
die Ozeanflächen eines
Globus mit Eisen-
blech
belegt
wurden. Die
Fortpflanzungsgeschwindig-
keit
der
oberflächlichen Erdbenwellen,
die mit der
Dichte des Gesteins
zunimmt,
ist
neuerdings
von
Tama
zu 3,7
km
p. s.
in den Kontinentaltafeln,
zu
3,8
in den
Ozeanböden festgestellt worden.
Wenngleich
hier die
Sicherheit
des
Resultates noch
zu
wünschen
übrig
läßt,
so
ist doch
der
Sinn der
Abweichung
günstig
für die
Verschiebungstheorie.
Zu diesen
geophysikalischen
Argumenten
gesellen
sich geomorphologische.
Von der Natur der
Faltungs-
krafte entwirft die Theorie ein
ganz
neues
Bild. Da
die
Lithosphäre
nicht mehr die
ganze
Erde
umspannt,
sondern in einzelnen Schollen auf der
nachgiebigen
Barysphare schwimmt,
so
kann auch
von
einem
Ge-
wölbedruck
im
Sinne
der
alten Schrumpfungshypothese
nicht
mehr
die Rede sein.
Die Auffaltuug
der
Gebirge
erfolgt
vielmehr
durch
die
Verschiebungekräfte.
Deshalb
troten
Faltungen
vorzugsweise
an
demjenigen
Randa
der Schollen auf, der in der
Verschiebungsrichtung
der
vordere ist,
während sich
an
der Rückseite Randketten
ablösen und in dem Sima dadurch stecken
bleiben,
daß
sie den
großen
Kontinentalschollen
wegen
des
relativ
größeren
Stirnwiderstandes nicht
mit gleicher Ge-
schwindigkeit folgen
können. Die
Wanderung
dieser
großen
Schollen aber ist
vorzugsweise
nach Westen
ge-
richtet,
und
so
sehen
wir
z.
B.
am
Vorderrand der
ame-
rikanischen
Scholle das
Andengebirga aufgefaltet,
an
der
Rückseite
des
asiatischen Kontinents
dagegen
die
girlandenförmigen
ostasiatischen
Inselbögen
sich
von
dem Festlande
loslösen. Auch der
zerrissene
litho-
sphärische Lappen
Hinterindiens und der Sundainseln
bleibt nach
Osten
zurück, und
die
Sudspitze
Amerikas
im
Verein mit der
gegenüberliegenden
Nordspitze
Ant-
arktikas kann
geradezu
als
Illustration
für die
Plasti-
zität dieser Deformationen dienen.
Geologische
Beweise finden sich namentlich im
Be-
reich
der großen atlantischen Spalte,
die
zuerst im
Süden aufriß und schließlich
zu
einem
völligen
Aus-
einanderziehen der beiden Kontinentalmassen führte.
Für die
Richtigkeit
des früheren direkten Zusammen-
hanges
sprechen
eine große
Reihe tektonischer
Züge
im beiderseitigen
Bau. Insbesondere ist
beachtenswert,
daß die
Fortsetzungen
immer
gerade an
der Stelle
liegen,
wo
auch die Konturen der Küstenumrisse die
Zusammensetzung
erfordern.
Die kaledonische Fal-
tung
in Skandinavien und
Nordengland
findet ihre
Fortsetzung
in dem nordamerikanischen
Appalachen-
gebirge,
das Armorikanische
Gebirge
von
karbonischem
Alter in
Mitteleuropa
schließt sich unmittelbar
an
die
Kohlenlager
Nordamerikas
an,
und auch die End-
moränen der
großen
diluvialen
Inlandeiskappen
Nord-
amerikas und
Europas passen
lückenlos aneinander.
Auch weiter im Süden
entsprechen
sich die nordöstliche
Streichrichtung im Norden der beiden Südkontinente
wie
die nördliche Streichrichtung in deren südlichen
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