54 DOCUMENT 32 AUGUST
1914
32. To
Elsa
Einstein
[Berlin,
after
3
August
1914][1]
Liebes Schätzchen!
Eben erhalte ich Deinen ausführlichen
und
lieben
Brief
und bin
glücklich
mein
Liebstes
nicht
verloren
zu
haben im Sturme der letzten
Tage.
Es
ist
sehr
bitter,
dass
ich Dir habe eine
so
arge Enttäuschung
bereiten
müssen.[2]
Aber
die
Hauptsache
bleibt. Es
gibt
für mich kein anderes weibliches Wesen als Dich. Es ist nicht Man-
gel an
echter
Zuneigung,
was
mir immer
aufs Neue den
Schreck
gegen
das Heira-
ten einflösst!
Ist
es
die Furcht
vor
dem
bequemen
Leben, vor
den
guten
Möbeln,
vor
dem
Odium,
das ich
auf
mich
lade,
oder
gar
davon,
eine Art
behaglicher
Spiessbürger zu
werden? Ich weiss
es
selber
nicht;
aber Du
wirst
sehen,
dass meine
Anhänglichkeit an
Dich stets
fortbestehen
wird. In dieser
Beziehung
stehe ich
ge-
heirateten
Männern
nicht nach. Auch nach
aussen
hin werde ich
immer
kräftig
für
Dich eintreten
und
keinerlei
Mitleid
aufkommen lassen.
Unsere
unvergleichlich
schönen
Spaziergänge
lassen wir
uns
auch nicht nehmen.
Mit
anderm werde ich
Dich nie
quälen,
aber
dankbar
nehmen,
wenn
Du
gibst.
Sei auch Du stolz
gegen
die
andern
und
gönne
ihnen das
Vergnügen
des Bemitleidens
auf
Deine Kosten nicht.
Du hast
jemand
auf
den
Du Dich
ebensogut
stützen kannst wie
auf
den
angetrauten
Mann. Das
bischen
Distanz im äusseren Leben
wird
hinreichen,
das
vor
der
Alltäg-
lichkeit und
Verblassung zu
schützen,
was uns
jetzt
das
Leben
so
schön
gemacht
hat.
Ich sitze den
ganzen Tag
auf
dem
Institut
und bekomme
wieder
Arbeitsfreude.
Gegenwärtig
mache
ich eine
schwierige Untersuchung,
die in den letzten Jahren
wegen
ihrer
Kompliziertheit
stets
meinen
Anstrengungen
widerstand. Nun ist
es
aber
grossenteils gelungen.[3]
Die
Arbeit,
welche ich
an
jenem
Unglückstag
(Frei-
tag)
vortragen
musste,
habe ich in den
Druck
gegeben.[4]
Meine Mutter
und Deine
Eltern sehe ich
wenig.
Es ist ein
erheblicher
Riss
entstanden,
der ohne die
"Be-
rühmtheit“
ganz irreparabel
wäre.
Die Vorschriften
inbetreff
der
Lebensweise
werden strikte
befolgt.
Zweimal des
Tages
1/2
1.
Milch;
im
übrigen
nur
eine Mahlzeit. Ich
empfinde
das Erfüllen
von
die-
sen
Vorschriften wie eine Art mit
Deiner
Person verwobenen Gottesdienst.
Ich freue
mich,
dass
unsere
zarten
Beziehungen
nicht in
der
Spiessbürgerei
un-
tergehen
müssen. Bald wirst Du
wieder
ebenso
freudig
und
munter
sein wie bisher.
Bei
mir
wird
es
noch besser
sein,
weil die
lebendige Plage weg
ist,
die mir seit mei-
ner
Jünglingszeit
das Leben
so
schwer machte.
Wegen
Petzoldt
habe ich ein sehr
warm gehaltenes Empfehlungsschreiben
an
den Minister
gesandt.[5]
Es wird seine
Wirkung
nicht verfehlen.
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