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DOCUMENT
181 JANUARY
1916
1)
Die Theorie ist
vollständig ausgebaut, was
die
Fundamentalgleichungen
anbe-
langt,
sodass für die
Behandlung
der einzelnen Probleme keine anderen
Schwierig-
keiten
übrig
bleiben
als die
rechnerischen,
die aber
ungemein grosse
sind. Dass
aber das
Störungsproblem
keine merkbare Modifikation
erfährt,
ersehen Sie
aus
folgender Überlegung.
Die
Modifikationen,
welche die
Theorie
liefert,
sind
von
einer
relativen Grös-
senordnung,
die
durch
kM/r
festgelegt
ist. Geht für M die Sonnenmasse
ein,
so
ist
diese Grösse
gerade
noch
ausreichend,
um
in den
säkularen
Wirkungen
etwas der
Beobachtung
Zugängliches
zu
bewirken. Gehen für
M
Planetenmassen
ein,
so ver-
mindert sich diese relative Grösse
noch bedeutend. Nun
betragen
aber
Säkularstö-
rungen,
welche
durch
Wechselwirkung
der Planeten
erzeugt
werden
überhaupt nur
höchstens 1000" in 100 Jahren. Diese
würden
durch
die
Theorie
um
den
ange-
deuteten
winzigen
Bruchteil modifiziert. Die Modifikation
der Theorie der Bahn-
bewegung
durch exaktere
Ausbildung
der
Störungsrechnung
kann also nichts der
Beobachtung
Zugängliches
liefern.
2)
Die
Aussage,
dass
"das Fixsternsystem"
rotationsfrei
sei,
behält
wohl einen
re-
lativen
Sinn,
der
durch
ein Gleichnis
festgelegt
sei.
Die Oberfläche
der
Erde
ist,
solange
ich
ganz
kleine Teile derselben ins
Auge
fasse,
unregelmässig.
Sie nähert sich
aber der
ebenen
Grundgestalt, wenn
ich
grös-
sere
Teile ins
Auge
fasse,
deren
Abmessungen
aber immer noch klein sind
gegen
die
Länge
des Meridians.
Diese
Grundgestalt
wird
zu
einer
gekrümmten Fläche,
wenn
ich noch
grössere
Teile der Erdoberfläche ins
Auge
fasse.
So ähnlich ist
es
auch mit
dem
Gravitationsfeld.
Im Kleinen liefern die einzel-
nen
Massen
Gravitationsfelder,
welche
auch
bei
möglichst
vereinfachender
Wahl
des
Bezugssystems
den Charakter der ziemlich
regellosen Verteilung
der Materie
im Kleinen
widerspiegeln.
Betrachte ich
grössere
Gebiete,
wie
sie
uns
die Astro-
nomie
bietet,
so
leistet
mir das Galileische
Bezugssystem
das
Analoge
zu
der
ebe-
nen Grundgestalt
der
Erdoberfläche
beim
vorigen Vergleich.
Betrachte ich aber
noch
grössere
Gebiete, so
wird
es
wohl keine
Fortsetzung
des Galileischen
Sy-
stems
geben,
welche in solchem Masse wie im Kleinen die
Beschreibung
der Welt
einfach
gestaltet,
d. h.
in welchem überall
der
von
andern Massen
hinlänglich
ent-
fernte
Massenpunkt
sich
gradlinig
gleichförmig
bewegt.
Die
Trägheit
ist eben nach
meiner Theorie
im
letzten
Grunde eine
Wechselwirkung
der
Massen,
nicht eine
Wirkung,
bei
welcher
ausser
der
ins
Auge
gefassten
Masse
der
"Raum“ als solcher
beteiligt
ist.
Das
Wesentlich
meiner Theorie ist
gerade,
dass
dem
Raum als solchem
keine
selbständigen Eigenschaften gegeben
werden.
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