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Paquet, and Leopold Ziegler (1881–1958), dated “Marburg, im April 1919,” also with a list of twenty-
two anticipated signatories, including Thomas Mann and the five authors indicated above, but not
Einstein. In addition to the attached list of anticipated and perhaps committed signatories, Natorp later
approached Einstein, Walther Rathenau, and others. Natorp met with Einstein in Berlin twice in late
April where he secured Einstein’s promise to sign the “Appeal” (see Jegelka 1992, pp. 159–161). The
“Appeal” called on German intellectuals to support an “undivided” (“unzerstückten”) socialism, and
argued that intellectuals should be the leaders in the construction of socialism. “To the Intellectuals
of the Proletariat” was aimed at the leaders of the working class. It proposed a “cooperative” (“Ge-
nossenschaft”) of manual and intellectual labor, urged workers to trust intellectuals as they struggled
together to break down barriers, and opposed the use of violence or a dictatorship of the proletariat
(GyMarU, Ms. 831, Nachlass Natorp).
[3]The plan was for Natorp and his close colleagues to rework the “Appeal” and show it to Einstein
again later in the summer (see Jegelka 1992, p. 161). On Natorp’s pacifism and other politics before,
during, and after the war, see Jegelka 1992, especially parts 4 and 5, pp. 93–186.
[4]Karl Kautsky (1854–1938), Marxist theoretician of moderate views, was Secretary of State in
the German Foreign Office.
38. From Hugo Seemann
Würzburg, Pleicherring 8., den 11. Mai 19.
Hochverehrter Herr Professor!
Es ist doppelt liebenswürdig von Ihnen, daß Sie selbst in diesen schweren Tagen
an meine Zukunft
denken.[1]
Auch ich muß mir Mühe geben, mich von unseren
großen nationalen Sorgen einen Augenblick frei zu machen und an meine persön-
lichen Nöte zu denken, umsomehr als meine ganze Umgebung vollkommen vom
Gebot der Stunde in Anspruch genommen ist. Herr Geheimrat Wien wird auf dem
Kasernenhof zur Bürgerwehr eingedrillt, Herr Prof. v. Laue hat sich dem bayer.
Schützenkorps gestellt und muß nun nach Erstürmung Münchens wahrscheinlich
dort oder in Oberbayern die Waffenablieferung erzwingen helfen, Herr Prof.
Harms, Prof. Rau und der Institutsdiener sind gleichfalls bei der
Bürgerwehr[2]
und
haben gemeinsam von 10 Uhr abends bis 4 Uhr morgens Patrouille in der Stadt und
Dr.
Rüchardt[3]
wartet auf Urlaub zu Hause an der westpreußisch-polnischen Gren-
ze auf die Besitzergreifung seiner Heimat. Auch meine offizielle Heimat Danzig
kann eines Tages plötzlich Ausland sein und ich dann womöglich auch “Auslän-
der” im neuen
Deutschland.[4]
Mein Vater, der im letzten halben Jahr infolge Un-
terernährung und der fortwährenden seelischen Erschütterungen völlig erblindet
ist, und meine Schwester machen sich schon auf alles gefaßt. Meiner Mutter ist alle
dieses Erleben erspart geblieben. Sie wurde, da sie völlig taub geworden war—
Sklerose, wie auch bei mir —von der Elektrischen angefahren und starb kurzdarauf
infolge Schädelbruches.
Ich erwähne letzteres, weil es in unmittelbarem Zusammenhang mit meiner Ab-
lehnung des Angebotes der Reichsanstalt
steht.[5]
Ich stand damals noch ganz unter
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