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letzter Zeit so schmerzlich vermisst
haben,[1]
andererseits aber halte ich mich nicht
für berechtigt, den Aufruf zu unterschreiben, weil ich nicht so eigentlich befugt
bin, als Schwabe aufzutreten. Ich bin als Sohn schwäbischer Eltern in Schwaben
geboren, habe aber die entscheidenden Jahre meines Lebens im Ausland zuge-
bracht,[2]
so dass meine Liebe für das Schwabenland mehr durch literarisches als
durch unmittelbares persönliches Erleben begründet ist. Da darf ich [e]s nicht wa-
gen, unter den Anführern Ihrer Sache zu stehen, sondern muss bescheiden im Hin-
tergrund bleiben.
Sie fordern mich ferner auf, ich solle Ihnen einen Mann nennen, der über mich
und meine Theorie einen Aufsatz schreiben wolle. Da dachte ich hin und her, wen
ich nennen sollte. Bei jedem aber empfand ich es als unbescheiden, ihm eine solche
Arbeit zuzumuten. So liess ich im Drang der täglichen Arbeit Ihren Brief unerle-
digt liegen und weiss auch jetzt nicht, wie ich Ihren Wunsch erfüllen soll. Damit
Sie aber sehen, dass es mir am guten Willen wahrlich nicht fehlt, erkläre ich mich
gern bereit, den sachlichen Teil eines über meine Theorie handelnden Artikels
sorgfältig zu prüfen. Einen Verfasser zu finden dürfte Ihnen nicht allzu schwer wer-
den. Ich sende Ihnen mit gleicher Post eine von mir selbst verfasste elementare
Darstellung meiner
Theorie.[3]
Sollten Sie von dem Plane, einen derartigen Artikel
zu bringen wieder zurückkommen, so werden doch Sie selbst vielleicht an der Lek-
türe Vergnügen finden.
Mit ausgezeichneter Hochachtung
A. Einstein.
TLS (GySWL, Cod. hist. 600, 162). [80 233]. Addressee’s name and address are typed above sal-
utation, “Der Schwäbische Bund, Stuttgart.”
[1]Der Schwäbische Bund. Eine Monatsschrift aus Oberdeutschland, published quarterly from
October 1919 until it ceased publication in 1922 due to inflation, was a cultural and intellectual jour-
nal of southwestern Germany. It opposed the centralization and homogenization of German culture
by a few large cities and the domination of other regions of Germany by Prussia, and propagated the
cultural identity and possible creation of a separate state for Baden-Württemberg. The Stuttgart
writer, journalist, and theater critic Hermann Missenharter (1886–1962) was its main editor, along
with co-editors Hans Heinrich Ehrler (1872–1951) and Georg Schmückle (1880–1948). See
Bücherwelt 1920, Stappenbacher 1961, and Klöckler 2001.
[2]Einstein’s father, Hermann (1847–1902), was born in Buchau am Federsee; his mother, Pauline
(1858–1920), in Bad Cannstatt. Einstein, born in Ulm, left Swabia for Munich with his parents at the
age of one. At fifteen and a half, in 1894, he left Munich, not to return as a resident of Germany until
1914, when he moved to Berlin from Zurich.
[3]Presumably Einstein 1917a (Vol. 6, Doc. 42).
44. To Munich Military Tribunal
[Berlin, 19 May 1919]
= wir unterzeichneten mitglieder der verschiedensten politischen parteien halten
die standgerichte fuer eine grosse gefahr im interesse des inneren friedens unseres
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