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§15 letzter Absatz.
die Michelsonschen Versuche blieben mir zunächst unverständlich. Erst als ich
zufällig in der kleinen Schrift von W. Wien „Über Elektronen“ (Teubner 1909 2.
Aufl. S. 28
Anm.)[4]
die Beschreibung der Versuche fand, ging mir ein Licht auf.
Ich möchte also empfehlen, vielleicht im Anfang eine Skizze des Interferenzversu-
ches anzufügen und—ähnlich wie bei Wien— auch rechnerisch zu zeigen, wie die
Lorentz-Transformation die Widersprüche
beseitigt.[5]
Der Leser hat das Bedürfnis
nach einem solchen exakt durchgeführten Beispiel.
§20. Es heißt da: „Es ist dann möglich, für diesen Teil Welt einen Galileischen
Bezugskörper zu wählen u.s.w.“
Nun gibt es doch niemals einen Galileischen oder nichtgalileischen Bezugskör-
per, sondern immer nur zwei oder mehr Körper, die sich zu einander galileisch oder
nichtgalileisch verhalten. Vielleicht könnte das deutlicher gesagt werden.
§23. Hier würde ich erst und zu einem dritten „neutralen“ Beobachter
in Beziehung setzen und sagen, daß sich zu galileisch verhält, während
bezüglich gravitationsbehaftet ist. Später kann ich den natürlich wieder fort-
lassen.
§2 letzter Absatz. Es heißt da: „Das Gausssche Koordinatensystem ist eine lo-
gische Verallgemeinerung des Kartesischen Koordinatensystems.“
Jede Verallgemeinerung ist „Merkmalsverarmung“. Soll die Rechnung „3 Enten
+ 5 Gänse“ oder „2 Eulen + 3 Geier“ ausgeführt werden, so muß ich Enten und
Gänsen bezw. Eulen und Geiern gewisse Merkmale rauben, bis aus „Enten und
Gänsen“ „Schwimmvögel“, aus „Eulen und Geiern“ „Raubvögel“ werden. Will ich
nun 3 Enten + 5 Gänse + 2 Eulen + 3 Geier addieren, so muß ich weitere Merkmale
entfernen (von den Schwimmvögeln die Schwimmhäute, von den Raubvögeln die
Schnabelkrümmung), bis der kleinere Merkmalskomplex „Vögel“ übrig bleibt.
Dies Prinzip des „Merkmalsverlustes“ könnte uns Nichtfachleuten den Über-
gang von Kartesischen zu Gaussschen Koordinaten anschaulicher machen. Wenn
ich den Kartesischen Koordinaten von ihren Merkmalen zwei raube, nämlich „die
Starrheit der Maßstäbe und Uhren“ und „die Unabhängigkeit von physikalischen
Bedingungen (Ortskonstanten)“
so bleiben nur noch zwei Merkmale übrig, nämlich
„Eindeutigkeit der Nummerierung“
und „unendlich geringe Verschiedenheit benachbarter Nummernwerte.“
Die so an Merkmalen verarmten Koordinaten sind die Gaussschen.
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Indem ich hoffe, daß die eine oder andere meiner Bemerkungen Ihnen, sehr ge-
ehrter Herr Professor, brauchbar erscheint, bin ich mit vorzüglicher Hochachtung
Dr. med. Edmund Mayer.
ALS. [44 411]. There are perforations for a loose-leaf binder at the left margin of the document.
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