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Herrn van der Pol, Konservator des hiesigen
Laboratoriums.[2]
Er hat die Versamm-
lung der British Association in Bouremouth besucht und erzählte mir nach seiner
Rückkehr von dem, was Eddington vorgetragen hatte. Da die Platten nur noch vor-
läufig ausgemessen worden sind, so liess sich ein definitiver Wert noch nicht ange-
ben, aber nach Herrn Eddington’s Meinung stehe die Realität der Erscheinung fest
und könne man mit Bestimmtheit sagen, dass die Ablenkung (am Sonnenrande)
zwischen 0″,87 und 1″,74
liege.[3]
Der gefundene Wert ist also etwas zu klein, da
Ihre Theorie 1″,7 erfordert. Van der [Po]l sagte mir weiter, es habe eine Diskussion
stattgefunden (ich wäre gern dabei gewesen), in welcher Sir Oliver Lodge Ihnen
und Eddington seine Glückwünsche zu dem erhaltenen Resultat ausgesprochen
hat.[4]
Ich habe eine kleine Rechnung gemacht, die wohl für Sie nichts Neues enthält
und sich auf die Strahlenbrechung in einem die Sonne umgebenden Gase bezieht.
In Ermangelung eines besseren nehme ich dabei an, das Gas sei e[i]n einheitliches
und habe an allen Stellen die gleiche Temperatur. Je nach der Natur und der Tem-
peratur des Gases wird dann die Geschwindigkeit, mit der nach oben hin die Dichte
abnimmt, also z. B. der Dichtegradient an der Sonnenoberfläche verschieden aus-
fallen. Kennt man diesen Gradienten, so hängt die Ablenkung eines Strahls beim
Durchgang durch die Gasmasse von den Brechungsexponenten n des Gases in dem
Punkte P ab, wo der Strahl sich in der kleinsten Entfernung vom Sonnenmittel-
punkt O befindet. Man kann berechnen wie gross n sein muss, damit die Ablenkung
1″ betrage. Nehme ich nun für den genannten Dichtegradient den Wert, der für
Wasserstoff von C. gel[t]en würde, so finde ich ; mit einem
20 mal kleineren Gradienten (Wasserstoff von 5000° C; Helium von 10000° C) er-
gibt sich . Es zeigt sich also, dass eine äusserst geringe Gas-
dichte eine Ablenkung von 1″ hervorbringen
könnte.[5]
Glücklicherweise würde
nun diese Ablenkung sehr rasch abnehmen, wenn der Strahl und also der Punkt P
weiter von der Sonne entfernt bleibt. Die Vergrösserung der Entfernung OP
brauchte nur den 6 Millionten Teil, resp. den Zehntausendsten Teil von OP zu be-
tragen um die Ablenkung auf den
eten
Teil sinken zu lassen. Man wird also, wenn
mehrere Sterne auf den Platten vorkommen, leicht Ihren Effekt von dieser Refrak-
tion in einer Sonnenatmosphäre unterscheiden können. Wir dürfen wohl glauben
(angesichts der Grösse der gefundenen Ablenkung), dass in Wirklichkeit die Re-
fraktion gar nicht mitgespielt hat, und nur Ihr Effekt beobachtet worden ist. Das ist
gewiss eine der schönsten Ergebnisse, die die Naturwissenschaft je erreicht hat,
und wir dürfen uns herzlich darüber freuen.
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n 1
47.10–10
+ =
n 1
210.10–10
+ =
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