238 DOCUMENT 58 OCTOBER 1899 Sonntag bringe ich meine Schwester nach Aarau[3] & treffe noch am selbigen Tage in Zürich bei meiner geliebten Exhausfrau ein,[4] die mir auf eine Karte simplemang keine Antwort gegeben hat, in der ich sie anzufragen wagte, ob es in ihrer "unerforschlichen Vorsehung" liege, mich irgendwo anders einzuquartieren. So muß ich armes Postpaket halt warten, bis man mich über den Ort meiner Bestimmung aufklärt.-Wenn ich so dran denke, wie sie jetzt in der Arbeit stecken, da schmilzt mein Groll wegen Ihres Nichtschreibens wie Wachs zusammen. Sie Arme, Sie habens eigentlich viel härter, als ich letztes Jahr, weil Sie so allein sind! Doch halt-ich sehe Sie schon lächeln über meine Trösterei & denken: Aus so etwas macht sich ein Dockerl wenig das weiß allein, was es will und kann & hats schon öfters bewiesen. Jetzt aber was Schöneres-ich meine natürlich unsre Haushaltung. Da wirds wieder nett werden. Ich bring ein paar prächtige Leckereien mit von Mama, die mir dazu versprach, uns auch öfters was in die Haushaltung zu schicken: direkt Plattenstr. 50.[5] Holen Sie doch einstweilen Helmholtz' elektromagnetische Lichttheorie![6] Ich hab schon recht Hunger danach. Ich habe hier viel studiert & meine Überlegungen über das Studium der Elementargesetze der Thermoelektrizität beendigt.[7] Auch hab ich eine Methode von großer Einfachheit ausgedacht, um zu entscheiden, ob die latente Wärme in Metallen[8] auf Bewegung der ponderabeln Materie oder der Elektrizität zurückzuführen ist, bez. ob ein elektrisch geladener Körper eine andere spezifische Wärme hat als ein ungeladener.[9] Alle diese Fragen hängen mit der Analyse des Thermoelements zusammen. Die Methoden sind sehr einfach auszuführen & bedürfen keines Apparates, das uns nicht ohne Weiteres zur Verfügung stünde.[10] [3] Maja Einstein was entering a school in Aarau (see the preceding letter, note 6). [4] Stephanie Markwalder. [5] Maric's residence at the Pension Engel- brecht. [6] Helmholtz 1897 (see the preceding letter). [7] See, e.g., Müller-Pouillet 1888-1890, chapter 7, and Braun 1893, pp. 387-410, for contemporary accounts of thermoelectricity. [8] It seems likely that "latente Wärme" refers to what Einstein called "die latente kinetische Energie der Wärme" in Doc. 93 i.e., to the so-called internal kinetic energy of a body (see Doc. 37, note 34). The phrase "latente Wärme in Metallen" suggests that Einstein was not referring to the latent heat of phase change, of volume change, or of pressure change, all concepts used in con- temporary literature (see, e.g., Bryan 1903, pp. 75, 76). [9] If "latente Wärme" refers to the kinetic energy of the constituents of a body (see note 8), then contemporary ideas about the pre- sence of free, "substantive" electrical charge carriers in metals (see, e.g., Riecke 1898) might have suggested that such charge carriers also contribute to the specific heat of a metal. Earlier, Planck had given a purely ther- modynamic argument for a difference in the specific heats of charged and uncharged bodies (see Planck 1889, §3). [10] Presumably a reference to the equip- ment available in Weber's laboratory at the ETH (see Doc. 74).