300 DOCUMENT 107 MAY 1901 107. To Mileva Maric [Winterthur, second half of May? 1901][1] Liebes Doxerl! Gell da schaust, auf was für ein komisches Papierl ich Dich da schreibe?[2] Aber ich denk halt, meinem Doxerl ist es doch recht, wenn ich auch kein anders hab. Sei fein nicht bös, daß ich Dir so lange nicht schreibe, ich hab halt wenig Dir zu sagen, was Du noch nicht weißt. Da helf ich mir halt mit dem aus, was immer schön bleibt und nett. Ich hab Dich gern, meine liebe Maid, und freu mich, bis wir uns Sonntag wiedersehen. Wir wollen wieder einen entzückenden gemütlichen Tag zusammen verleben. Auch mein Leben hier hat erst durch den Gedanken an Dich einen wahren Inhalt. Wenn nur die Gedanken ein bisserl Leben und Fleisch und Blut hätten! Wie schön war es letztes Mal, als ich Dein liebes Persönchen an mich drücken durfte, wie die Natur es gegeben, sei mir innigst dafür geküßt, Du liebe gute Seele! Wie gehts Dir denn Schätzchen mit Deinen Arbeiten? Läuft alles munter voran? Benimmt sich der alte Weber auch ordentlich dabei, oder hat er wieder "kritische Sätze".[3] Der hiesige Prof. Weber[4] ist sehr nett mit mir und in- teressiert sich für meine Arbeiten. Ich hab ihm unsere Abhandlung gegeben.[5] Wenn wir nur bald das Glück hätten, zusammen auf dieser schönen Bahn weiter zu streben, Aber das Schicksal scheint uns beiden ein bischen gram zu sein. Dafür wirds später umso schöner, wenn alle Hemmnisse und Sorgen einst überwunden sind. Meine Eltern scheinen wieder einmal auf dem Hund zu sein,[6] denn sie baten mich, Maja 10050 fr. zu schicken. Am 8. August ist ihre silberne Hochzeit. Wie traurig wird mirs bei diesem kleinen Fest zu Mute sein! Papa erinnert Michele noch einmal, er solle an mich schreiben, bis jetzt vergebens![7] Doch macht alles nichts. Ich hab ja Dich und Deine Liebe! Sei tausendmal geküßt und einmal extra süß von Deinem Albert. ALS (CLE). [1] Dated on the assumption that this letter was written shortly after the beginning of Einstein's Winterthur appointment. [2] The letter is written on the verso of a blank printed billing form. [3] Maric was working on a Diplomarbeit and a doctoral dissertation under Weber's supervision (see Doc. 75, note 5). [4] Gustav Weber (1858-1913), Professor of Electrotechnology at the Technikum Winter- thur. [5] Einstein 1901. [6] See Doc. 93. [7] Einstein was trying to obtain a position with the help of Michele Besso (see Doc. 110).