310 DOCUMENT 116 JULY 1901 könnten Sie sich leicht eines Urteils enthalten, falls es Ihnen angemessener erscheint. Meine hiesige Thätigkeit hat mir ganz ungemein gefallen. Ich habe nie geahnt, daß ich eine solche Freude am Lehren haben würde, wie es thatsäch- lich der Fall war. Wenn ich am Morgen 5 oder 6 Stunden gegeben habe, bin ich noch ganz frisch und arbeite nachmittags in der Bibliothek an meiner Weiterbildung oder zuhause an interessanten Problemen. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie glücklich ich mich in einer solchen Stelle befinden würde. Ich habe nämlich dem Ehrgeiz, an eine Hochschule zu kommen, vollständig entsagt, da ich sehe, daß mir auch so zu wissenschaftlichem Streben noch Kraft und Lust genug übrig bleibt. Was Sie über die deutschen Professoren gesagt haben, ist gar nicht über- trieben. Ich habe wieder ein trauriges Subjekt dieser Art kennen gelernt– einen der ersten Physiker Deutschlands.[6] Auf zwei sachliche Einwände, welche ich ihm gegen eine seiner Theorien anführte, und die einen direkten Defekt seiner Schlüsse darthun, antwortet er mir mit dem Hinweis, daß ein anderer (unfehlbarer) Kollege von ihm derselben Meinung sei. Ich werde dem Mann demnächst mit einer tüchtigen Veröffentlichung einheizen.[7] Auto- ritätsdusel ist der größte Feind der Wahrheit. Nun aber will ich Sie nicht länger mit meinem Gerede langweilen. Mit herzlichstem Dank verbleibe ich Ihr Albert Einstein. Schaffhauserstr. 38. Winterthur. ALS (Sz, Wint. Korr. 99). [1] Dated by the reference to Doc. 113. [2] Advertisements for the position were placed in several Swiss newspapers and in two engineering journals starting 23 June (see the manuscript file copy of the advertisement, 20 June 1901, SzBeSa, BB IV 1063). [3] See Doc. 113. [4] Applications were supposed to be sub- mitted to the cantonal Department of Internal Affairs. Einstein had sent his directly to the Technikum, which presumably caused some delay (see Doc. 117). [5] See Doc. 113. [6] Paul Drude (see the preceding letter). [7] See the preceding letter, note 4. 116. From Mileva Maric [Zurich, ca. 8 July 1901][1] Du willst Dir also gleich eine Stelle suchen Schatzerl und mich zu Dir nehmen! Wie glücklich bin ich gewesen wo ich Dein Brieferl las,[2] und wie bin ich's jetzt noch und werde es immer auch sein. Und wenn ich nicht auch Dich anstecke, Schatz, so gebe ich meinen Kopf darauf. Aber natürlich Lieber, es darf sich doch nicht um ein schlechteste Stelle handeln, das wäre mir zu arg, das könnte ich nicht. Da werden unsere diversen Alten gucken. Übrigens hat