DOCUMENT 125 NOVEMBER-DECEMBER 1901 319 ein Artzt sogar ausüben muss, bis zu einem gewissen Grade. Aber so eine gewaltsame Überrumpelung des Menschlichen Bewustseins! Nach meiner Empfindung unterscheidet sich Forel von einem Wurderartzt nur dadurch, dass er seinen Patienten, infolge seines Ausgedehnteren Wissens, mit mehr Selbstbewusstsein, alias Frechheit gegenübersteht. Aber die Menschen sind eben so ein dummes Pack.-Den hypnotischen Schlaf kann ich nicht verstehen, vielleicht kann man's uberhaupt nicht, wenn er überhaupt besteht! ich glaube dass das auch Suggestion ist, oder im besten Fall, Autosuggestion, denn ich halte halt die von ihm angeführten meisten Experimente für verlogen (thut mir sehr leid!) Ich werde Dir schon sagen warum. Aber jetzt leb wohl, mein Kleiner, Lieber Denkst Du auch an mich manchmal, aber lieb und nett? Gellst kommst am Sonntag, Schatzerl, ich habe schon so viele Busserl aufgespeichert, wenn's Haferl überfliesst gehen alle fort. Nun sei mir aber recht herzlich gegrüsst, und abgebusselt von Deinem Doxerl das Dir vorläufig recht bös ist Ich werd Dir was lustiges erzählen, was Dir einmal passiert ist! 125. Mileva Maric to Helene Savic Neusatz, Kissacsergasse 20 [ca. 23 November-mid-December 1901][1] Mein liebes gutes Helenchen! [...] Ich habe Dir sogar ein par mal geschrieben, doch waren meine Briefe so voll Bitterkeit und Unmuth, dass ich sie gleich wieder zerriss ich brachte es nicht über's Herz Dir trübe Nachrichten zu schicken, und nur solche standen mir zu Gebote. Doch erschrick nicht, Liebe, ich bin immer noch am leben, und sogar wieder recht lustig, ebenso mein Schatz. Der ganze Trübsal kam vom liebenswürdigen Benehmen meiner lieben Schwiegermama !. Diese Dame scheint sich nämlich zur Lebensaufgabe gestellt zu haben nicht nur mir, sondern auch ihrem Sohn, das Leben so viel wie möglich zu ver- bittern. Oh Helene, ich hätte es nie für möglich gehalten dass es so herzlose und geradezu böse Menschen geben könnte! Sie brachten es ohne weiteres über's Herz, an meine Eltern einen Brief zu schreiben, in dem sie mich derart beschimpften dass es eine Schande war. Zu was für einem Konflikt es dadurch kam, wirst Du Dir vielleicht denken können. Jedenfalls hatte sowohl Albert wie ich sehr viel dadurch zu leiden. Jetzt ist es wieder einigermassen gelichtet d.h. seine Eltern sind Albert nicht mehr so arg böse. Ausserdem haben wir