lviii BEITRAG FÜR SEIN LEBENSBILD in der Familie, unter Kindern u. zwischen engbefreundeten Anwendung findet. Etwas ganz ungehöriges aber naiv fröhliches war daher die Anrede des kleinen Albert an den Musiklehrer: "Du, Herr Schmied ...." Im Hause wurde viel & gut musiziert. Fielen die Anfangsgründe dieser Kunst den Kindern oft schwer, & drohte die Sache ihnen zu verleiden, so entwickelte sich infolge natürlicher Anlage der Geschmack beim Knaben dafür bald aus, ja, wurde zur künstlerischen Vollendung.[39] Es scheint, dass die musikalische Anlage von dem Kochschen Zweig der Familie, die mathe- matische & logische von der Seite der Einstein stammt. Übrigens trifft es sich nicht allzuselten, dass, so sehr diese beiden Gebiete auseinander zu liegen scheinen, mathematische & musikalische Begabung sich in einer Person vereinigen. Der Knabe wurde schon früh an Selbständigkeit gewöhnt, im Gegensatz zu dem in Europa sonst üblichen Erziehungs-System, das in ängstlicher Bevormundung besteht. Man schickte den 3-4jährigen durch die belebtesten Strassen Münchens, erstmals ihm den Weg zeigend, das zweite Mal ihn unauffällig beobachtend. Sehr gewissenhaft schaute er bei Kreuzungen erst rechts, dann links & überschritt dann ohne Ängstlichkeit den Fahrdamm. Selbständigkeit war schon in seiner ganzen Anlage & zeigte sich dann ausgesprochen bei verschiedenen Gelegenheiten im. späteren Leben. Mit 7 Jahren besuchte der Knabe die öffentliche Volksschule.[40] Dort unterstand er einem etwas strengen Lehrer, dessen Methode darin bestand, den Kindern das Rechnen u. namentlich das grosse u. das kleine Einmaleins durch Schläge auf die Hände, die sog. Tatzen, beizubringen, eine Art des Lehrens, die damals nicht selten war u. die Kinder schon frühzeitig auf ihre spätere Rolle als Bürger vorbereitete.[41] Der sicher u. gründlich denkende Junge galt nur als mittelmässig begabt, gerade weil er zum Uberlegen Zeit [39] "Ich hatte im Alter zwischen 6 & 14 Violinstunden, hatte aber mit meinen Lehrern kein Glück, denen die Musik nicht über das Handwerksmässige hinausging. Ich lernte erst etwas von 13 an, nachdem ich mich haupt- sächlich in die Mozartsonaten verliebt hatte. Das Bestreben, diese einigermassen in ihrem künstlerischen Gehalte und in ihrer einzig- artigen Grazie wiederzugeben, zwang mich zur Verbesserung meiner Technik, die ich an diesen Sonaten erwarb, ohne je systematisch zu üben" (Einstein to Philipp Frank, draft letter, 1940). [40] Einstein attended school during the 1885-1886 school year (see Doc. 2), presum- ably his first year at school (see note 38). He attended the third and fourth grades of the Petersschule on Blumenstraße, his local (Catholic) public primary school from 1886 to 1888 (Schülerverzeichnis Werktagschule Volksschule a. d. Blumenstraße, GyM-Ar, Schulamt 488 no records for the two previous years were found). See Appendix A for his primary school curriculum. [41] Einstein reportedly said: "Die Lehrer in der Elementarschule kamen mir wie Feldwe- bel vor und die Lehrer im Gymnasium wie Leutnants" (Frank 1979, pp. 24-25 see also Moszkowski 1921, p. 221). In November 1886, during the first term, Einstein was transferred from Class IIIa to Class IIIb (Schülerver- zeichnis Werktagschule Volksschule a. d. Blu- menstraße, GyM-Ar, Schulamt 488), possibly for disciplinary reasons.
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