BEITRAG FÜR SEIN LEBENSBILD lxiii diese musikalischen Phantasien zur Zerstreuung dienten. Sie versetzten ihn vielmehr in eine ruhige Geistesstimmung, die ihm das Nachdenken erleichterte. Denn später, wenn ihn grosse Probleme beschäftigten, stand er oft plötzlich auf u. erklärte: "So, jetzt hab' ich's gefunden". Eine Lösung war ihm plötzlich aufgetaucht. Als 1894 die Familie nach Italien zog, ward beschlossen Albert in München zu belassen, damit er dort das Gymnasium beende.[55] Dies mit Rücksicht auf einen geordneten Studiengang sowohl als auch wegen der italienischen Sprache, die dem Knaben fremd war. Er wurde in einer Münchner Familie untergebracht, u. die Verwandten u. Bekannten sorgten dafür, dass es an Familienanschluss nicht fehlte. Nach Mailand sandte er in dieser Zeit nur lakonisch gehaltene Briefe, denen man über sein Leben wenig entnehmen konnte, doch fiel dies nicht weiter auf. In Wirklichkeit fühlte er sich an der Schule sehr unbehaglich. Die Art des Unterrichts in den meisten Fächern war ihm zuwider, u. ausserdem schien ihm der Klassenlehrer nicht sehr gewogen zu sein.[56] Besonders unangenehm war dem Jungen auch der militärische Ton in der Schule, die systematische Erziehung zur Verehrung der Autoritäten, die bereits die Schüler an die militärische Zucht gewöhnen sollte. Mit Grauen gedachte er der nicht mehr allzufernen Zeit, da er den Soldatenrock anzuziehen hatte, um seiner Dienst- pflicht zu genügen.[57] Seelisch bedrückt u. nervös geworden, suchte er nach einem Ausweg. Als daher der Ordinarius der Klasse ihn bei irgend einer Gelegenheit hart anliess (es war derjenige, der ihm prophezeit hatte, dass nie etwas Rechtes aus ihm werden würde), liess er sich vom Hausarzte ein Zeugnis geben, wies es dem Schuldirektor vor u. reiste kurz entschlossen nach Mailand zu seinen Eltern.[58] Diese waren sehr bestürzt ob seiner eigenmächtigen [55] He still had three years to complete there. [56] The teacher was Joseph Degenhart (see note 47). Einstein later spoke of his Gymna- sium teachers as "uberwiegend dem Leut- nants-charakter zugewendet" (Moszkowski 1921, p. 221) and recalled "die geistlose und mechanisierte Lehrmethode, die mir bei meinem schlechten Wortgedächtnis grosse Schwierigkeiten bereitete, die zu überwinden mir ganz sinnlos erschien. Ich liess also lieber jede Sorte von Bestrafungen über mir ergehen, als dass ich etwas auswendig herplappern lernte" (Einstein to Philipp Frank, draft letter, 1940). For a more pleasant recollection of another teacher, see Moszkow- ski 1921, pp. 221-222. [57] The military service obligation began in the year of a male's twentieth birthday ("Reichs-Militärgesetz, Vom 2. Mai 1874," ar- ticle 10 in Weber, K. 1888, vol. 8, p. 279). [58] "Als ich in der 7. Klasse des Luitpold– gymnasiums war, liess mich der Klassenlehrer [Joseph Degenhart] kommen und äusserte den Wunsch, ich möchte die Schule verlassen. Auf meine Bemerkung, dass ich mir doch nichts hätte zuschulden kommen lassen, ant- wortete er nur: Ihre blosse Anwesenheit ver- dirbt mir den Respekt in der Klasse" (Einstein to Philipp Frank, draft letter, 1940). He with- drew from the school on 29 December 1894 (Jahresbericht München 1895, pp. 27, 28).