V O L U M E 8 , D O C U M E N T 3 0 0 a 7 3
Lieber Zangger! Glauben Sie nicht, dass ein Hypochonder aus mir geworden ist.
Wenn wir in Zürich oder sonstwo zusammen sein werden, werden wir mit freiem
Sinn und Freude am Sonnenschein herumgehen und uns der Stunde und des Da-
seins freuen wie früher. Das Leben darf um des Sterbens Willen nicht verneint wer-
den, auch nicht um des Krieges oder sonstiger Thorheiten willen. Wann soll ich
dies Jahr in die Schweiz kommen? Ich fragte auch meinen Albert, der aber mit der
Antwort
zögert.[5]
Vielleicht reden Sie einmal darüber mit ihm.
Seien Sie herzlich gegrüsst von Ihrem
Einstein.
P. S. Das Vogelfutter wird, wenn es wirklich ankommt, für lange Zeit
reichen.[6]
Darüber hinaus brauchen wir nicht zu denken. Wer weiss, was dann sein wird.
ALS (SzZ, Nachl. H. Zangger, box 1c). [86 442].
[1]Probably Jakob Bernheim-Karrer (1868–1958), Titular Professor of Pediatrics and Director of
the Cantonal Children’s Hospital (see Heinrich Zangger to Einstein, 20 May 1917 [Vol. 8, Doc. 342]).
[2]Ismar Boas.
[3]Elsa Einstein.
[4]Michele Besso.
[5]See Einstein to Hans Albert Einstein, 8 January 1917 (Vol. 8, Doc. 287), in which Einstein men-
tions the anticipated trip to Switzerland only. The timing question was perhaps brought up in a later
letter that is not extant.
[6]The content of food packages from Switzerland that Zangger chose to fit Einstein’s special diet.
Vol. 8, 300a. To Emperor Karl I
[1]
[between mid-February and 29 April
1917][2]
Eur. Majestät!
Unter dem Drucke einer unabweisbaren Pflicht nehme ich mir die Freiheit, Ew.
Majestät eine Bitte zu unterbreiten. Vor einiger Zeit erregte Der politische Mord,
welchen dessen sich Fritz Adler schuldig machte, erschütterte das Gemüt er allen
wohl eines jeden rechtlich empfindenden Menschen aufs
tiefste.[3]
Mit keinem
Worte will ich die grässliche That als solche beschönigen. Mit Rücksicht auf die
die psychologische Situation des Thäters aber er scheint mir die That es sich mir
mehr um einen tragischen Unglücksfall als um ein Verbrechen zu handeln.
Wenige dürften Herrn Adler so genau kennen wie ich. Wir waren
Ich kenne Herrn Adler ihn seit er gemeinsam mit mir vor 20 Jahren in Zürich
theoretische Physik studierte. Er war vor einigen Jahren noch mein nächster Kol-
lege als Dozent dieses Faches an der Züricher Universität; auch waren wir damals
Hausgenossen. Ich habe Adler in diesen Jahren als einen Vorbild Mann von lau-
terstem Charakter, von einer fast beispiellosen Selbstlosigkeit kennen gelernt.
Previous Page Next Page