V O L U M E 8 , D O C U M E N T 3 4 9 a 8 9
Vol. 8, 349a. To Heinrich Zangger
[Berlin,] 2. VI. 17.
Lieber Freund Zangger!
Ihr letzter Brief macht mir neue Sorgen, da ich sehe, dass die Lebenshaltung
meiner kranken Familie einen für mich ruinösen Charakter angenommen hat. Mein
reines Einkommen (nach Abzug der Steuern etc) hat sich auf 13000 M reduziert
(dieser Fall ist nun thatsächlich
eingetreten).[1]
Hiervon brauche ich für mich
selbst, um wenigstens den Schein eines derartigen Lebens aufrecht zu erhalten, wie
es mit Recht von mir gefordert wird, 5000 M. Also bleiben, wenn ich keinen Pfen-
nig ersparen will 8000 M = 6150 fr. Mehr kann ich und will ich nicht geben; und
es müssen Mittel und Wege gefunden werden, um damit auszukommen. Wenn eine
kleine Überschreitung vorkommt, so können die Ersparnisse angegriffen werden.
Aber dies soll nur im Notfalle stattfinden. Denn ich weiss nicht, ob diese kleinen
Ersparnisse nicht dazu dienen müssen, im Falle meines frühzeitigen Todes notdürf-
tig die Ausbildung der Kinder zu
bestreiten.[2]
Würde ich anders denken, so wäre
ich einfach ein Lump.
Es kann also nicht daran gedacht werden, dass für Tete 10 fr im Tag (= 4000 fr
pro Jahr) bezahlt
werden.[3]
Man muss für ihn einen Aufenthalt suchen, der meinen
Vermögensverhältnissen angepasst ist, und ebenso ist es mit meiner Frau. Denn es
handelt sich nicht um vorübergehende sondern um bleibende Verhältnisse, wie die
Erfahrung leider gelehrt hat.
Es ist nicht zutreffend, dass ich dadurch meinen Pflichten besser nachgekom-
men wäre, dass ich in Zürich geblieben
wäre.[4]
Dort wäre es mir auch bis jetzt
nicht möglich gewesen, irgend welche Ersparnisse zugunsten der Kinder zu ma-
chen, zumal meine Frau durchaus nicht sparsam gewesen ist.Auch muss offen von
mir ausgesprochen werden, dass das Wohlwollen, welches ich hier bei Fachgenos-
sen und Behörden finde, mich zu grösstem Danke
verpflichtet.[5]
Es geschieht ein-
fach alles, was man mir von den Augen absehen kann. Ich bin ein guter Schweizer;
aber ich mache einen Unterschied zwischen politischer Überzeugung und persön-
licher
Verbindung.[6]
Ohne diese hiesigen Fachgenossen wäre ich wohl ein „ver-
kanntes Genie“ geblieben, dessen muss ich stets eingedenk bleiben.
Dass ich meinem Jungen Enttäuschungen bereitet habe, dadurch dass ich erst im
Juli herkomme, ist nicht
richtig.[7]
Als ich ihm im Frühjahr vorigen Jahres in Aus-
sicht stellte, ich würde ihn im Herbst vielleicht wieder aufsuchen, verhielt er sich
ziemlich ablehnend. Auch wieder Erscheinen in diesem Frühjahr war weder für ihn
erwünscht noch an sich vernünftig, da wir bei dem schlechten Wetter gar nicht ge-
wusst hätten, wo wir uns herumtreiben sollten. Machen Sie mir aus dem Jungen
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