D O C U M E N T 4 0 J U N E 1 9 2 0 2 8 7
40. From Adriaan D. Fokker[1]
Arosa 2 juni 1920.
Lieber Herr Professor!
Ich will Ihnen herzlichst gratulieren zu Ihrer Ernennung in die Amsterdamer
Akademie.[2]
Ich hoffe dass Ihnen daraus recht viel Erfreuliches wachsen möge
und dass Sie oft, sehr oft, in unsrem Lande werden verkehren wollen. Ich war froh
zu sehen dass Sie und Rutherford zu gleicher Zeit ernannt
wurden:[3]
sind Sie doch
mit ihm Menschen, die mir einen starken Impuls zur Physik gegeben haben, der mir
geholfen hat, das Interesse unversehrt durch die Militärzeit hindurch zu behaup-
ten.[4]
Binnen nicht all zu langer Zeit hoffe ich mit meiner Frau nach Holland zu kom-
men für den Sommer und Herbst, wage aber kaum zu glauben dass Sie dann noch
da sein
werden.[5]
Heute las ich den Artikel Majorana’s im Phil. Mag. über sein Experiment das an-
geblich zeigte, dass eine Bleikugel von 1 KG weniger schwer war wenn sie von 100
KG Quecksilber umgeben war, als
ohne.[6]
Ich glaube dass sich sicher Versuchs-
fehler werden herausstellen: schon die Verschiebung des Quecksilbers wird doch
den Boden merklich deformiert haben. Immerhin lässt sich fragen, ob so etwas
möglich wäre? Ist die Fallbeschleunigung für einen unendlich kleinen Probekörper
eben so grosz wie für einen endlichen schweren Körper, der selbst das Gravitati-
onsfeld beeinflussen könnte? Ist sie gröszer oder kleiner? Ich wüsste darauf nicht
sofort Bescheid zu sagen.
Ich hätte noch wohl vieles zu fragen. Besonders die Begründung der Relativität
der Trägheit, so wie Sie sie auffassen, ist mir noch immer ein
Rätsel.[7]
Aber es
wird Ihnen nur langweilen können, diese Sachen brieflich zu behandeln. Sie wer-
den Ihre Zeit besser ausnützen können. Und so will ich für heute darauf verzichten.
Wann werden Sie einen hervorragenden Experimentator dazu auffordern, nach-
zuweisen dass bewegte Uhren langsamer laufen als ruhende, resp. bewegte Atome
röter strahlen als ruhende? Es ist doch kaum zu ertragen dass noch immer die Rel.
Theorie nur auf einem Bein hinken musz: Michelson für die Lorentzverkürzung.
Zwar hat sich die träge Masse der Elektronen
bewährt,[8]
aber das richtige Gegen-
stück zu Michelson, und die Ergänzung der Grundlage der Theorie steht noch im-
mer aus. Ich habe es schon dem Guye und dem Rutherford
geschrieben,[9]
aber Sie
selber sollten doch auch darauf hinwirken!! Es kann doch nicht unmöglich sein,
den experimentellen Nachweis zu bringen!!
Ich hoffe sehr, Ihnen noch zu treffen wenn wir nach Holland kommen. Also hof-
fentlich auf Wiedersehen!!
Mit herzlichsten Grüssen, Ihr ergebenster
A. D. Fokker.