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199. From Georg Count von Arco[1]
Berlin-Tempelhof, Albrechtstr. 49/50. den 11. 11. 20
Sehr verehrter Herr Professor,
durch Ihre Tochter Ilse habe ich bereits an Sie die Bitte richten lassen, mir in ei-
ner Patent-Angelegenheit eine Unterredung zu
gewähren.[2]
Vielleicht paßt es Ih-
nen aber besser, wenn ich sie Ihnen schriftlich vortrage:
Sie wissen, daß die neueste Entwicklung in der drahtlosen Telegraphie die Ka-
thodenröhre ist mit allen ihren zahlreichen Anwendungen. Unsere Gesellschaft be-
sitzt auf diesem Gebiete ein ihr sehr wichtig erscheinendes Patent von Dr. A. Meiß-
ner, wonach die Röhre zur Schwingungserzeugung benutzt werden kann. Dieses
Patent wird auch außerhalb Deutschlands, z. B. in Veröffentlichungen der Marconi-
Gesellschaft, als Pionier-Patent
angesehen.[3]
Wegen der großen elektrischen Vor-
züge, welche diese Anordnung hat, sind natürlich auch andere Gesellschaften be-
müht, die Sahne abzuschöpfen. Wir werden versuchen, über die Berechtigung
Klarheit zu schaffen, indem wir eine Reihe von Prozessen, zunächst innerhalb
Deutschlands, dann aber wohl auch in den anderen Ländern, anstrengen werden.
Die Sache ist deshalb für uns von der allergrößten Wichtigkeit. Nun gibt es sehr
wenige Sachverständige, und unter diesen wenigen noch weniger solche, die voll-
ständig unparteiisch sind und gleichzeitig das Patentrecht kennen und ein Patent
beurteilen können.
Meine Bitte an Sie geht nun dahin, ob Sie uns gestatten würden, daß wir Sie bei
Gericht als Sachverständigen
vorschlagen.[4]
Ich würde es nicht wagen, diese Bitte
an Sie zu richten, wenn ich nicht wüßte, daß Sie auf dem Patentrecht durch Ihre frü-
here Tätigkeit besonders beschlagen sind, und daß Sie ferner bereits in Deutsch-
land in Patentsachen als gerichtlicher Sachverständiger fungiert haben, und zwar in
einer Weise, die durch ihre Klarheit und Sachlichkeit die größte Bewunderung aller
Beteiligten hervorgerufen hat. Die Arbeit, die hieraus für Sie resultieren würde, ist,
glaube ich, nicht so sehr erheblich, da die Patentliteratur relativ klein ist, und die
einzelnen Patentschriften keinen größeren Umfang besitzen, besonders auch des-
halb, weil es sich nicht um konstruktive Kniffe, sondern nur um Prinzipien-Fragen
handelt.
Würden Sie mir gütigst entweder telefonisch Bescheid übermitteln lassen, oder,
wenn Sie im Zweifel sein sollten, ob es doch zu beschwerlich wäre, diese Aufgabe
zu übernehmen, mich zu sich bestellen?—
Am Sonntag, als ich hörte, daß Frau
Sklarek[5]
bei Ihnen abends sein würde, bat
ich sie telefonisch, Ihnen das Buch „Das Gesetz der Serie“ von Dr.
Kammerer,[6]
Wien, das ich ihr geborgt hatte, mitzunehmen und Sie zu bitten, sich das Kapitel
über die „Trägheitshypothese“ und das Unterkapitel „Physik“ durchzulesen. Ich
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