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um einen einzigen Pfennig billiger verkauft, weil Du Dein Werklein sozusagen gra-
tis aus der Hand gegeben hast? Dein Motiv war rührend gut, aber die Folge einfach
die, dass Du einen reichen Verleger noch reicher gemacht hast, ohne einem einzi-
gen Leser den Ankauf zu verbilligen!
Ich denke mir die Sache so: An dem betr. Vertrag wird wenig zu ändern sein, in
der Beziehung sind Verleger nicht so weichmütig, dass sie ihren ergatterten Vorteil
fahren lassen. Ich hoffe aber, dass Du nicht etwa gar Deine künftige Produktion
auch hingeschenkt hast. Wenn nicht, schlage ich Dir folgendes vor: Raffe Dich auf
zur Niederschrift eines
Lehrbuches,[9]
eines zusammenfassendes Werkes über die
Relativitätstheorie, es braucht nicht umfangreich zu sein, vielleicht eine kurze hi-
stor. Einleitung mit einer eingehenden Darlegung Deiner Lehre als Teil II, die ma-
thematische Darlegung als Teil III, alles in konzentrierter Form, sodass sowohl der
Nichtfachmann wie der Fachmann, namentlich aber der Studierende alles findet
was er zu wissen wünscht. Das Ganze wäre also zum Teil „gemeinverständlich“,
zum Teil für den Fachmann bestimmt.
Mit einem solchen Buch will Vieweg gerne zu tun haben, aber auch jeder be-
liebige andere Verleger. Dann aber musst Du einen Vertrag machen, der Deine bis-
herige Arbeit belohnt, ja ich hoffe sogar dass Deine so überaus ungünstige Abma-
chung mit Vieweg sich damit korrigieren lassen würde. Als Jurist würde ich mich
gern damit befassen u. für Deine Familien sollte dann gesorgt sein! Das ist etwas
anderes, wenn Du von dieser Arbeit tatsächlich leben kannst, statt auf die Zürcher
Sache angewiesen zu sein!
Sag Dir nicht dass Deine Lehre am ehesten Gemeingut werde wenn Du an Ver-
leger solche Geschenke machst u. dabei materielle Sorgen hast. Die Psychologie
des Publikums ist übrigens die dass es nur schätzt was es zahlt. Ich kann mir Deine
Skrupeln denken u. finde doch, dass Du damit auf auf einem Holzweg, ja auf einen
argen Knüppelweg Dich befindest.
Bis jetzt sprach ich als „Materialist“ wenn Du willst, aber ich denke an Dich, an
Deine Familie, an das ganze unerquickliche Dasein eines Mannes der ständig die
Löcher seines Leibgurtes prüfen muss u. nie aus der Unruhe kommt wie er Schwei-
zerfränkli genug aufbringen kann um rechtzeitig für seine Familie das Notwendige
zu tun.
Und nun der Jurist in mir: Mein Dasein als Berufsvertreter dieses ehrenwerten
Standes ist der Bestimmung nach das, für andrer Leute materielle Interessen tätig
zu sein. Wie viel freudiger könnte ich tätig sein für Dich u. Deine eigene Leute! Für
mich selber—ich brauche es kaum auszusprechen, will ich dabei nichts, nur finde
ich, der Jurist in der Familie erspart Schritte bei andern Leuten, u. dieser Jurist