DOCUMENT 126 NOVEMBER 1901 321 Du jetzt meine 2 oder 3 nach Katy geschriebenen und den nach Neusatz geschriebenen endlich erhalten?[2] Ich glaub fast, Eure Briefträger benützen die Briefe zum Einheizen, oder gar ...... horibile dictu, aber ich sags nicht. Von jetzt an schreibe ich Dir in jedem Brief, daß ich Dir oft schreiben werde, damit Du nicht in Sorge bist und weißt, daß alles bis auf die fahrlässige Post in Ordnung ist. Bis auf die Nachrichtenlosigkeit geht mirs aber recht gut & ich bin fast stets guter Laune. Wenn ich nur gewiß wäre, daß dies Briefchen endlich gewiß in Deine Hände gelangt. Laß doch gelegentlich in Katy nachsehen, ob die Briefe wirklich nicht da sind! Ich kann es kaum glauben. Im neuen Stübchen ist es sehr behaglich, wenn dasselbe auch nur mich und den lieben roten Lampenschirm zur Zierde hat, von dem Frau Baumer gesagt hat, daß sie so eine fürchterliche Arbeit nicht einmal für ihren Karl machen möcht.[3] Ich aber hab mir gedacht. Da thät mein liebs Schatzerl noch ganz andere Sachen für mich machen, aber ich auch für es. All das hab ich Dir schon geschrieben, aber wer weiß, ob Du's erhalten hast. Ich freue mich unsagbar darüber, daß Deine Eltern jetzt etwas ruhiger sind und mehr Vertrauen zu mir haben. Ich weiß aber auch, daß ichs verdiene und ihr Miezel einmal einen guten Mann kriegt, sobald es irgend angeht. Die Berner Stelle[4] ist immer noch nicht ausgeschrieben worden, sodaß ich wirklich die Hoffnung darauf aufgebe. Schreib mir genau, wie Du den Tag zubringst, daß ich Dir ein wenig mit der Phantasie folgen kann, gar zu schwer zum sich Vorstellen wirds ja wohl nicht sein. Ich lebe hier, wie wenn ich völlig allein wäre, indem ich mit keinem Menschen privatim verkehre. Beinahe jeden Tag mache ich zur Erfrischung einen kleinen Spaziergang, die übrige freie Zeit verwende ich auf das Studium von Voigts theoretischer Physik,[5] aus welchem Buch ich schon manches gelernt habe. Vorgestern Abend veranstalteten die hiesigen Musiklehrer einen Kammermusikabend,[6] der über meine Erwartungen genußreich war. Von Kleiner habe ich noch keinen Bericht. Ich glaube zwar, daß er meine Disserta- tion nicht zu refüsieren wagt,[7] aber sonst, glaube ich, ist nichts mit dem [2] In 1900, Maric's father, Milos, bought a house in Novi Sad (see Property Register, YNOS, no. 1839), which became the family's winter home. [3] Einstein was living at Fulachstraße 6, where he rented a room from Cäcilia (1872- 1962) and Carl Baumer (1874-1955) (see Zivil- standsregister Schaffhausen, SzS-Ar). [4] Since April 1901, Einstein had been hop- ing to obtain a position at the Swiss Patent Office (see Doc. 100). [5] Voigt 1895, 1896. [6] Hedwig Bendel of the Schaffhausen Realschule and Curt Herold of the local Imthurneum played music of Mozart, Brahms, and Beethoven at the concert (see the ad- vertisement in Tage-Blatt für den Kanton Schaffhausen 61, no. 275 (23 November 1901), section 1, p. [4]). [7] See the preceding letter.
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